„Bund sollte Serviceplattformen wie AirBnB stärker in die Erhebung von Steuern einbinden“

In einer gemeinsamen Studie haben Wissenschaft­ler der Universität Mannheim und des ZEW – Leibniz- Zentrums für Europäische Wirtschafts­forschung exemplarisch die Höhe des Steueraufkommens durch die Vermietung von Wohnraum über Service- Plattformen wie Airbnb ermittelt – und zeigen welche gesetzlichen Maßnahmen für Plattformen dieser Art relativ einfach umgesetzt werden könnten.

Für die Studie wurde erstmals der Airbnb-Markt in 20 deutschen Großstädten eingehend analysiert. Anhand öffentlich verfügbarer Daten, die der Airbnb-Homepage entnommen wurden, erfolgten Hochrechnungen zur Schätzung der Jahresumsätze der Anbieter sowie das daraus resultierende Steueraufkommen. Der Studie zufolge werden auf der Plattform monatlich im Durchschnitt rund 57 Millionen Euro umgesetzt, bei einem mittleren Übernachtungs­preis von 55 Euro und durchschnittlich 20 vermieteten Nächten pro Monat. Der Jahresumsatz aller Airbnb-Unterkünfte in den betrachteten Städten liegt somit etwa bei 683 Millionen Euro.  

Während 87 Prozent der Anbieter lediglich eine Unterkunft auf der Plattform inserieren, bieten 13 Prozent mehrere Unterkünfte gleichzeitig an. „Werden Unterkünfte auf Plattformen wie Airbnb angeboten, kann das für die Anbieter sehr schnell sowohl einkommen- als auch umsatzsteuerliche Konsequenzen haben“, sagt Prof. Dr. Christoph Spengel, Inhaber des Lehr­stuhls für Betriebs­wirtschaft­liche Steuerlehre II an der Universität Mannheim. „Airbnb als Plattformbetreiber versteht sich selbst jedoch nur als Vermittler und spielt den Ball der Steuerpflicht daher an die Anbieter zurück.“

Basierend auf den Annahmen der Studie erwirtschaften mehr als 40 Prozent der Anbieter Umsätze von mehr als 17.500 Euro im Jahr und müssten daher Umsatzsteuer abführen. Diese Hochrechnung ist unter Berücksichtigung der öffentlich verfügbaren Daten als maximaler Wert zu sehen. Auch für die Einkommensteuer ergibt sich für unterschiedliche Szenarien ein hohes Steueraufkommen. Ausgehend von den Nettogesamteinnahmen von rund 650 Millionen Euro sind bei der Einkommensteuer außerdem Werbungs­kosten für die notwendigen Einrichtungs- und Instandhaltungs­kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.

Mögliche Reformen wären mit relativ geringem Aufwand umsetzbar, so Christopher Ludwig, ZEW-Forscher und Doktorand am Lehr­stuhl Spengel: „Würde der Gesetzgeber auf eine Abzugsteuer ähnlich der bereits vorhandenen Kapitalertragsteuer setzen, wäre es deutlich einfacher, die Einkommensteuer zu erheben.“ Nach diesem Reformvorschlag beläuft sich das Steueraufkommen zwischen 65 und 130 Millionen Euro.

Darüber hinaus werden zwei weitere Reformen vorgeschlagen: Kurzfristig wäre denkbar, die zum Jahresanfang 2019 eingeführten Umsatzsteuer­vorschriften auf Plattformbetreiber für sonstige Leistungen wie etwa Airbnb- Dienste zu erweitern. „Damit wären die Betreiber verpflichtet, Daten über die abgewickelten Geschäfte für die Finanz­behörden vorzuhalten und hätten ein Eigeninteresse an einer fairen Besteuerung, um im Zweifelsfall nicht haften zu müssen“, erklären Ludwig und Spengel. Langfristig biete sich nach Ansicht der Verfasser die Bildung einer sogenannten fiktiven Leistungs­kette für Dienstleistungen an. „Der Plattformbetreiber wird so behandelt, als würde er selbst dem Endkunden die Dienstleistung anbieten. Damit wäre der Betreiber voll umsatzsteuerpflichtig.“

Text: ZEW / April 2019