Das Headerbild zeigt sechs Personen. Auf einem blauen Hintergrund steht der Schriftzug "Wir bilden die Zukunft. We are the future".

Wie können Geflüchtete mit geringer Bildung am deutschen Arbeits­markt teilhaben?

Mit dieser Frage beschäftigte sich das von der Stiftung Mercator geförderte Projekt „Fach­kräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert? Möglichkeiten zur Integration von geringfügig qualifizierten Geflüchteten“ unter der Leitung von Dr. Christoph Sajons vom Institut für Mittelstandsforschung (ifm) der Universität Mannheim. Sein Fazit: Für etwas ältere Geflüchtete mit relevanter Berufserfahrung kann sich der Weg in eine berufliche Selbständigkeit lohnen.

Geflüchtete und Zugewanderte entscheiden sich häufig für die Selbständigkeit, weil sie so formale Hürden am Arbeits­markt umgehen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten voll einbringen und somit den Fach­kräftemangel lindern können. Dr. Christoph Sajons und seine Koautoren Carina Hartmann und Ralf Philipp zeigen in ihrer Studie „Selbständigkeit von Geflüchteten und Zugewanderten. Alternativer Weg in den Arbeits­markt oder berufliche Sackgasse?“, dass die Quote der Abbrüche innerhalb der ersten drei Jahre bei migrantischen Gründenden in den 2010er Jahren mit 54 Prozent leicht höher lag als bei Gründungen von in Deutschland geborenen Personen (47 Prozent). Wer von ihnen nach drei Jahren noch im Markt war, konnte im Schnitt höhere Nettoeinkommen im Monat erzielen als Migrantinnen und Migranten in abhängiger Beschäftigung (etwas über 2000 Euro vs. 1650 Euro). Aber auch wer seine Selbständigkeit schon wieder beendet hatte, stand drei Jahre nach dem Gründungs­versuch mit rund 1800 Euro Nettoeinkommen im Monat besser da als abhängig Beschäftigte.  

Außerdem fand die Mannheimer Forschungs­gruppe um Sajons in einem Bewerbungs­experiment heraus, dass durch eine wieder aufgegebene Selbständigkeit keine Stigmatisierung am regulären Arbeits­markt stattfand. „Bewerbungen von Migrantinnen und Migranten, die zuvor selbständig waren, waren genauso erfolgreich wie die von Personen, die zuvor einer abhängigen Beschäftigung nachgingen – unabhängig davon, ob die Selbständigkeit freiwillig oder gezwungenermaßen beendet wurde,“ erklärt der Projektleiter. Im Vergleich zu einer Phase der Erwerbslosigkeit stiegen die Bewerbungs­chancen durch eine unternehmerische Tätigkeit sogar beträchtlich.  

Die Forschenden empfehlen politischen Entscheidungs­trägerinnen und -trägern sowie Institutionen wie Arbeits­agentur und Jobcenter, gezielt systematische Hürden für migrantische Gründende abzubauen.   

Text: Saskia Bachner/Mai 2023

Weitere Informationen zum Projekt sind erhältlich unter: http://tiny.uni-mannheim.de/708