Azubis an der Uni
Aktuell gibt es sieben Auszubildende an der Universität Mannheim. Richtig gelesen: Die Universität bietet nicht nur akademische, sondern auch berufliche Ausbildungen an. FORUM hat nachgeforscht, wo und was die Azubis lernen.
Dutzende Regale mit Büchern, leise Gespräche, gedämpftes Tippen auf Tastaturen: In der Bibliothek im Gebäude A5 herrscht eine ruhige Stimmung. Wir treffen Tanja Biedermann, die eine Ausbildung zur FaMI (Fachangestellte für Medien und Informationsdienste) in der Universitätsbibliothek (UB) macht und im zweiten Lehrjahr ist. Als erstes sprechen wir über ein Klischee: „Ich lese gerne, ja, aber wenn dann eher nach der Arbeit. Allerdings wäre die Ausbildung ohne ein gewisses Interesse an Literatur tatsächlich nicht das Richtige“, sagt die 22-Jährige. Während ihrer Schulzeit waren Deutsch und Kunst ihre Lieblingsfächer, sodass sie sich nach dem Fachabitur informierte, was sie mit diesen Interessen beruflich machen könnte. Da entdeckte sie die Ausbildung zur FaMI: „Bei meinem Vorstellungsgespräch hier in der UB war ich auch im Tiefmagazin, wo die Bücher stehen, die man bestellen muss. Das hat mich aufgrund der Größe sehr beeindruckt! Das Gespräch und die Aufgabenbereiche vor Ort haben mich dann überzeugt, hier die Ausbildung zu beginnen.“
Mica Eliza Geßner hingegen macht eine Ausbildung zur Fachinformatikerin in der Fachrichtung Systemintegration in der Universitäts-IT (UNIT). „Ich bin über Umwege zur IT gekommen: Mein Fokus lag während der Schulzeit auf Sozialpädagogik, aber ein Praktikum zeigte mir, dass das nicht das Richtige für mich ist. Durch Freundinnen und Freunde kam die Idee, mich im IT-Bereich nach einer Ausbildung umzusehen“, sagt die 24-Jährige. Hinzukam ihr schon vorhandenes Wissen auf dem Gebiet: Zu Bewerbungsgesprächen nahm sie einen Nintendo DS mit, eine Weiterentwicklung des Game Boys, auf die sie eigenhändig ein Computer-Betriebssystem installiert hatte. „Zwar ist das Gerät jetzt nicht mehr effizient, aber es geht einfach darum zu zeigen, was es für Möglichkeiten bei den Modifikationen gibt“, sagt Geßner. An der Universität Mannheim hat sie vor allem die Größe der IT-Infrastruktur und der Verbund mit den Systemen anderer Universitäten in Baden-Württemberg gereizt. „Als im Bewerbungsgespräch über die Zahl der Server gesprochen wurde, war das eine ganz andere Dimension als das, was ich sonst aus der IT kenne.“
Die berufliche Ausbildung hat an der Universität Mannheim Tradition: Seit mehr als 35 Jahren erlernen Interessierte wie Biedermann und Geßner hier verschiedene Berufe. Drei Jahre dauern die Ausbildungen in der Regel, mit Fachhochschulabschluss oder Abitur sowie (sehr) guten schulischen und beruflichen Leistungen während der Ausbildung können sie auf zwei Jahre verkürzt werden. Während dieser Zeit haben Biedermann und Geßner in den jeweiligen Einrichtungen feste Ansprechpersonen, an die sie sich jederzeit wenden können. Sie besuchen außerdem regelmäßig die Berufsschule: Geßner wechselt dafür die Neckarseite und lernt eine Woche pro Monat an der Werner-von-Siemens Schule in der Neckarstadt. Biedermann hingegen wohnt fünf bis sechs Mal im Jahr für bis zu vier Wochen am Stück in einem Schülerwohnheim in Calw und geht dort zur Berufsschule. Und die beiden sind nicht allein: In der UNIT beginnen jährlich Azubis, manchmal bis zu drei in den verschiedenen Ausbildungsberufen. In der UB fangen in der Regel alle zwei Jahre zwei Azubis an. Die Chancen auf Übernahme sind bei allen sehr gut.
Biedermann macht die Ausbildung Spaß, vor allem, wenn sie mit der Aus- oder Fernleihe zu tun hat. „Ich mag den Kontakt zu den Besucherinnen und Besuchern, die ich berate oder denen ich helfe. Da sehe ich direkt, was meine Arbeit bewirkt“, sagt sie. Ihr Arbeitsalltag ist strukturiert, aber von den Aufgaben her fast jeden Tag neu gemischt: vormittags Medien beschaffen, Bestelllisten abarbeiten, Bücher aussortieren, neue Medien einsortieren oder Scanaufträge von Forschenden bearbeiten. Nachmittags sitzt sie dann an der Ausleihtheke und hilft direkt vor Ort: „,Wo finde ich dieses Wörterbuch?‘, ,Ich habe nur den Vornamen des Autors, können Sie mir helfen?‘ oder ,Der Kopierer funktioniert nicht richtig und ich brauche die Kopie.‘ Die Anforderungen sind sehr unterschiedlich“, sagt die Auszubildende. Wichtig sei in ihrem Beruf auf jeden Fall Sorgfalt, Offenheit und Aufmerksamkeit, dass merke sie immer wieder, gerade, wenn sie Studierenden hilft.
Geßner ist aktuell mit ihren Kolleginnen und Kollegen unter anderem für das WLAN in den Uni-Gebäuden zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört es, Verteilerdosen in Büros für LAN-Kabel freizuschalten, Netzwerkgeräte wie Server zu aktualisieren oder Router auszutauschen. Außerdem finden jetzt, in ihrem zweiten Ausbildungsjahr, die „Ringtausche“ statt: Mehrmals ist sie für bis zu vier Wochen in unterschiedlichen Abteilungen der UNIT und bekommt dort Aufgaben oder ist an Projekten beteiligt. „Wir Azubis arbeiten, sofern es unsere Ausbildung zulässt, sehr eigenständig und suchen uns quasi aus, mit was wir uns als nächstes beschäftigten. Daher sind wir auch bei den Ringtauschen zeitlich flexibel, wenn wir erst noch etwas fertig bearbeiten wollen“, sagt sie. Für die Ausbildung benötige man auf jeden Fall Eigeninitiative, die genauso wie Eigeninteresse auch gefördert werde. Als unerlässlich für die IT-Branche wiederum sieht die Auszubildende Lernbereitschaft: „In diesem Job lernt man nie aus, die Systeme und Geräte verändern sich ständig, da muss man dranbleiben.“
Text: Luisa Gebhardt/
Mehr zu den beruflichen und auch dualen Ausbildungsmöglichkeiten an der Universität Mannheim erfahren Sie hier: www.uni-mannheim.de/ausbildung-dualesstudium