Universität gestalten
Ob Senat, Forschungsrat oder Senatskommission für Lehre – in zahlreichen Gremien wirken Studierende an Entscheidungen, die die Universität betreffen, mit. Zwei von ihnen – AStA-Vorsitzende Melina Arnold und der Chairman des Board of Learners von ENGAGE.EU, Sandro Mochan – berichten, welche Themen ihnen dabei besonders wichtig sind.
Die Aufgabe gleicht einem Vollzeitjob. 30 bis 40 Stunden pro Woche investiert Melina Arnold ungefähr in ihr politisches Engagement an der Uni. Seit Herbst 2021 ist die 27-Jährige eine von zwei Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Außerdem sitzt sie als studentische Vertreterin im Senat. Ideen für die Weiterentwicklung der Universität hat die Wirtschaftsmathematikstudentin viele. Sie lassen sich mit drei Schlagworten zusammenfassen: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Gleichstellung. „Ich wünsche mir, dass die Fortschritte, die in der Corona-Zeit beim Thema Digitalisierung erreicht wurden, beibehalten werden“, erklärt Arnold. „Ein konkretes Ziel ist, dass Vorlesungsaufzeichnungen Standard werden, so dass die Studierenden in der Klausurenphase sich die Vorlesungen noch einmal anschauen können.“ Darüber hinaus nennt sie die Umsetzung digitaler Prüfungsformate und die Anonymisierung von Klausuren als zwei weitere wichtige Punkte. „Wenn weniger Klausuren auf Papier geschrieben werden, hat das einen großen Nachhaltigkeitsfaktor. Die Anonymisierung soll dazu beitragen, dass Geschlecht und Herkunft weder bewusst noch unbewusst bei der Korrektur oder Notenvergabe eine Rolle spielen.“
Im Bereich Nachhaltigkeit arbeiten Arnold und der AStA aktuell an mehreren Projekten. Die Mensa bietet momentan zwei subventionierte Menüs: ein vegetarisches und eins mit Fleisch. „Wir wollen, dass es auch eine subventionierte vegane Alternative gibt. Immer mehr Studierende ernähren sich vegan und ein veganes Menü kann grundsätzlich jeder essen.“ Weiterhin engagiert sich der AStA im Projekt Cup to go (Kaffeetasse statt Einwegbecher), setzt sich für Wasserspender auf dem Campus ein und arbeitet daran, dass in den Snackautomaten an der Uni auch fairtrade-Produkte angeboten werden. Im Bereich Gleichstellung steht die Vereinheitlichung von Prüfungsordnungen ganz oben auf der Agenda. „Im Moment gibt es in den einzelnen Prüfungsordnungen sehr unterschiedliche Fristen und auch die Gründe, warum Studierende von Prüfungen zurücktreten können, unterscheiden sich. Wir wünschen uns, dass das für alle Studierenden einheitlich geregelt ist.“
Wie die Anliegen der Studierenden in der Verwaltung wahrgenommen werden, damit ist Arnold zufrieden. Neben den zwei Mal im Semester stattfindenden Treffen mit Rektor und Kanzlerin hätten auch alle anderen Stellen, zum Beispiel die Studienbüros oder das Studierendenwerk immer offene Türen für die Studierendenvertreter. „Manchmal fehlt es aber aus unserer Sicht an schnellen, pragmatischen Lösungsansätzen. Ich verstehe, dass bei vielen Entscheidungen rechtliche Konsequenzen dranhängen, die wir teilweise nicht in vollem Umfang überblicken können. Aber wir denken eher in unseren Amtsperioden, die jeweils ein Jahr dauern. Wenn es dann heißt: Das dauert vier Jahre bis zur Umsetzung, dann ist das für uns schade. Die Universitätsverwaltung arbeitet da mit einem viel längeren Zeithorizont.“
Als AStA-Vorsitzende kann Arnold konkret Themen setzen. Als Mitglied im Senat hat sie eher eine Kontrollfunktion: „Die Tagesordnung steht fest. Hier kann ich bei den verschiedenen Themen hauptsächlich kritisch nachfragen.“ Was sie vor allem beim Thema Haushalt tue und dabei Wert auf Investitionen in Nachhaltigkeit lege.
Möglichkeiten für Studierende, sich an und für die Uni zu engagieren, gibt es reichlich: In zahlreichen Gremien sind Studierende vertreten. Das reicht vom Senat und den zugehörigen Kommissionen über die Fakultätsräte und Prüfungsausschüsse bis hin zur Vertreterversammlung des Studierendenwerks.
Auch bei ENGAGE.EU, einer Allianz von neun europäischen Universitäten, der die Universität Mannheim angehört, haben die Studierenden Mitspracherecht. Sandro Mochan ist der Vorsitzende der studentischen Vertreter, die universitätsübergreifend im Board of Learners organisiert sind. „Da ENGAGE.EU erst 2020 gegründet wurde, übernehme ich viel administrative Arbeit und kümmere mich darum, dass die Sichtbarkeit der Allianz erhöht wird. Die studentische Perspektive bringe ich in die Prozesse mit ein, indem ich etwa darauf hinweise, dass Ausschreibungsphasen nicht in der Klausurenphase liegen sollten oder dass es notwendig ist, die Anerkennung der angebotenen Kurse zu regeln, damit die teilnehmenden Studentinnen und Studenten sicher sein können, dass ihnen ein an einer Universität im Verbund belegter Kurs auch angerechnet wird“, berichtet der 22-jährige BWL-Student. ENGAGE.EU bietet zum Beispiel Seminare, Summer Schools und Kongresse, an denen die Mitglieder des Verbunds teilnehmen können.
In der Zukunft soll der Einfluss der studentischen Vertreter weiter gestärkt werden; ihrer Forderung nach eigenen finanziellen Mitteln wurde stattgegeben. Zwei Projekte stehen im Hinblick darauf auf Mochans Liste ganz oben: ein regelmäßiger Studierendenkongress, der rotierend an den verschiedenen Partneruniversitäten stattfindet und ein relevantes europäisches Thema behandelt und ein so genanntes Ambassador-Programm, über das Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren Erfahrungen immer mehr Studierende für Engage.EU begeistern. „Wir wollen die Studierenden so mobil machen und sie so vernetzen, dass sie den europäischen Gedanken in einem bildungsgerechten Umfeld leben“, fasst Mochan zusammen.
Text: Katja Bauer/