Header in pink mit der weißen Schrift "weltwärts - Internationalisierung an der Uni Mannheim". Rechts sind zwei Bilder, eines vom Mannheimer Wasserturm und eines von einem Gebäude in Nizza zu einer Collage geformt.

Englisch als Schlüssel

Über 2.000 internationale Studierende, Forschende und Lehr­ende pro Jahr – wer diese Zahl hört, merkt sofort, dass an der Uni Mannheim nicht nur auf Deutsch kommuniziert werden kann. Daher startete 2013 das Projekt ‚Campus International‘. Was ursprünglich als zweijähriges Projekt mit einer Mitarbeiterin begann, ist fast zehn Jahre später nicht mehr aus dem Unialltag wegzudenken: In der Servicestelle für Übersetzung sorgen fünf Mitarbeiterinnen tagtäglich dafür, dass Prüfungs­ordnungen, Webseiten oder Rundmails auch auf Englisch verfügbar sind.

Vom Ehrenhof einmal quer über die Bismarckstraße bis zum Quadrat L2, durch die braune Eingangstür hindurch und die Treppe hoch in den ersten Stock – hier befinden sich die Büros der Servicestelle für Übersetzung an der Universität Mannheim. Sowohl der Blick aus dem Bürofenster in den Garten des Internationalen Begegnungs­zentrums als auch die große Tür, die die Servicestelle direkt mit dem Welcome Center des Akademischen Auslands­amts verbindet, verrät: Internationalisierung wird an der Uni Mannheim großgeschrieben. Um das auch auf sprachlicher Ebene umzusetzen, wurde 2013 das Projekt ‚Campus International‘ ins Leben gerufen. Dahinter steckte die Idee, einen zweisprachigen Campus zu schaffen, auf dem Studieren, Forschen, Lehren und Arbeiten auch ohne signifikante Deutsch­kenntnisse möglich ist. „Natürlich lernen die internationalen Studierenden und Mitarbeitenden Deutsch während ihrer Zeit in Mannheim. Aber nur, weil sie sich im Alltag auf Deutsch verständigen, heißt das nicht, dass sie auch Prüfungs­ordnungen verstehen oder Anträge und Formulare ausfüllen können. Diese Tür zu unserer Universität konnten wir mit dem Projekt ‚Campus International‘ öffnen“, erklärt Teresa Schoenkaes, Teamleiterin der Servicestelle für Übersetzung. 

2013 hat Schoenkaes als erste Übersetzerin an der Universität angefangen. Das Projekt war ursprünglich auf zwei Jahre angelegt – schnell wurde aber klar, dass die Übersetzung aller relevanten Dokumente und Webseiten ins Englische keine Aufgabe ist, die in so kurzer Zeit abgeschlossen werden kann. „Es ist eine Daueraufgabe für die Uni Mannheim, die Zweisprachigkeit nicht nur aufzubauen, sondern auch zu erhalten. Eine Universität lebt – und genauso leben auch alle sprachlichen Erzeugnisse, Texte und Inhalte. Deswegen übersetzen wir nicht nur neue Texte wie den Newsletter oder die myUniMA story, sondern müssen auch bestehende Übersetzungen immer wieder überarbeiten“, so Schoenkaes. Da diese Aufgaben nicht von einer Person allein bewältigt werden können, wurde die Servicestelle über die Jahre immer größer. Aktuell arbeiten hier neben Schoenkaes vier weitere Übersetzerinnen sowie mehrere studentische Hilfskräfte, die alle aus dem Deutschen ins Englische übersetzen. Ein Ziel hat die Diplom-Übersetzerin aber bereits erreicht: „Es ist ein großer Erfolg für mich, dass sich aus dem Ursprungs­projekt eine eigene Servicestelle entwickelt hat. Zweisprachige Kommunikation in allen universitären Bereichen ist ein wichtiger Faktor, um internationale Studierende und Forschende anzusprechen. Das zeigt auch das positive Feedback, welches wir regelmäßig bekommen.“  

Die Liste der Bereiche, die Übersetzungen bei der Servicestelle anfragen, ist lang: „Im Grunde können sich alle Mitarbeitenden der Universität mit Fragen und Übersetzungs­aufträgen an uns wenden. Und ich glaube, mittlerweile haben wir für jede Fakultät und jede Verwaltungs­abteilung schon etwas übersetzt“, lacht Schoenkaes. 2021 hat das Team mit rund 360.000 übersetzten Wörtern seinen eigenen Rekord eingestellt. Bei dieser Menge an Aufträgen müssen die Übersetzerinnen natürlich priorisieren. Dabei richten sie sich in der Regel nach Größe der Adressaten­gruppe – eine Rundmail an alle Studierenden, das Portal2 oder die meistgeklickten Webseiten haben beispielsweise hohe Priorität. Um den Mitarbeitenden in ihrer täglichen Arbeit die Übersetzung hochschul­spezifischer Begriffe zu erleichtern, hat die Servicestelle zudem ein Wörterbuch speziell für die Uni Mannheim entwickelt. Auch Schulungen bieten Schoenkaes und ihr Team regelmäßig an.  

Die Uni Mannheim nimmt bundes­weit eine Vorreiterrolle im Bereich der sprachlichen Internationalisierung ein: „Zu Beginn meiner Zeit an der Uni habe ich den Kontakt zu anderen Hochschul-Übersetzungs­stellen gesucht, um mich mit diesen über Fach­fragen auszutauschen. Daraus ist ein großes Netzwerk mit mehr als 200 fest angestellten und freiberuflichen Übersetzerinnen und Übersetzern anderer deutscher Hochschulen entstanden, die wir einmal pro Jahr zu einer Konferenz nach Mannheim einladen. Der Austausch ist lebendig, informell und immer wieder sehr bereichernd für die täglichen Herausforderungen, vor denen wir stehen“, berichtet die Teamleiterin. Mit ihrer Arbeit im Netzwerk haben die Übersetzerinnen aber auch gelernt, dass bundes­weit großer Beratungs­bedarf in Sachen Zweisprachigkeit auf dem Campus besteht: „Diesen Bedarf können wir von Mannheim aus nicht decken. Unser Ansatz war daher, zunächst auf Landes­ebene sowohl im Übersetzungs­bereich als auch beratend tätig zu werden – dafür haben wir 2016 mit einem Antrag beim Wissenschafts­ministerium die Landes­koordinations­stelle für Übersetzungs­angelegenheiten im Hochschul­wesen Baden-Württemberg (LKS) an der Uni Mannheim ins Leben gerufen“, so Schoenkaes. 

Als zentrale Anlaufstelle für Hochschulen, die Unterstützung bei der sprachlichen Umsetzung ihrer Internationalisierung brauchen, hat die LKS einiges zu bieten: „Im Online-Portal stellen wir diverse Übersetzungs­vorlagen und ein Wörterbuch für Hochschul­terminologie zur Verfügung. Außerdem bieten wir einen Beratungs­service sowie Workshops für baden-württembergische Hochschulen an. Die LKS profitiert dabei sehr von den Übersetzungen und Tools, die es hier an der Uni Mannheim bereits gibt“, erläutert Übersetzerin und Landes­koordinatorin Ellise Meyer. Was sie an ihrer Arbeit besonders schätzt, ist die Vielseitigkeit: „Ich wollte nie einen Job, bei dem ich von morgens bis abends nur Texte übersetze. In der LKS habe ich viel Abwechslung und auch die Freiheit, meine Aufgaben so über die Woche zu verteilen, wie ich möchte.“ 

Spricht man die beiden Übersetzerinnen auf ihr außergewöhnlichstes Projekt an, beginnen sie zu überlegen. „Da gibt es ganz unterschiedliche Übersetzungs­projekte. Auf der einen Seite dürfen wir immer mal wieder sehr vertrauliche Vorgänge in der Verwaltung mit Übersetzungen begleiten und sind dankbar für das Vertrauen, das man uns dabei entgegenbringt. Auf der anderen Seite haben wir zum Beispiel vor einigen Jahren das Mensa-Menü übersetzt. Es hat viel Spaß gemacht, da die passenden Übersetzungen auszutüfteln und Lösungen für die verschiedenen Arten von Bratkartoffeln zu finden“, lacht Schoenkaes. Doch wie bei vielen Projekten ist es auch beim Mensa-Menü wichtig, es immer mal wieder zu aktualisieren. „Das ist eines der Ziele, die wir uns für die nächste Zeit gesetzt haben: Wir wollen eine Balance finden zwischen der Übersetzung tagesaktueller Texte und der regelmäßigen Pflege unserer Langzeit­projekte.“ Mit Blick auf das, was die Servicestelle für Übersetzung in den letzten Jahren schon alles geschafft hat, scheint jedoch auch dieses Ziel ein erreichbares zu sein. 

Text: Jessica Scholich / Oktober 2022