Innovation an den Schnittstellen

In der Europäischen Universitäts­allianz ENGAGE.EU spielen das lebens­lange Lernen und der Einfluss universitären Wissens auf die berufliche Praxis eine wichtige Rolle. Die interdisziplinäre Forschungs­gruppe MARCIE stellt wissenschaft­liche Fortbildungs­maßnahmen für die Kultur- und Kreativbranche bereit. Gegründet wurde sie aus einer von Prof. Dr. Hiram Kümper (Historisches Institut) und Julia Derkau (ZLBI) eingeworbenen Projekt­förderung des DAAD, an der auch das »Mannheim Center for Entrepreneurship and Innovation« (MCEI) und das »Zentrum für Lehren und Lernen« (ZLL) beteiligt sind.

FORUM: Im Zuge von ENGAGE.EU wird an der Universität Mannheim auch oft von „MARCIE“ gesprochen. Was ist MARCIE denn genau? 

Prof. Dr. Hiram Kümper: MARCIE – das steht für die »Mannheim Research Group in Culture, Innovation and Entrepreneurship«. Der Name sagt’s schon: Wir sind eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern. Aber eine besondere. Denn die Forschungen, die hier aus sehr unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen, haben einen spezifischen Zweck: Ihre Ergebnisse und Erfahrungen zurück in die praktische Fort- und Weiterbildung zu spiegeln. Unser Fokus liegt dabei auf der Kultur- und Kreativbranche. Wir finden, das passt hervorragend in die Metropolregion und insbesondere nach Mannheim, wo dieser Sektor gegenüber dem Bundes­schnitt außergewöhnlich stark ist. Und gerade die Universität Mannheim mit ihrer starken Entrepreneurship-Ausbildung, ihrer eng mit dem Kultursektor vernetzten Philosophischen Fakultät und ihrer starken Bildungs­forschung ist dafür ein ausgezeichneter Partner. 

FORUM: Was macht die Angebote von MARCIE so besonders? 

Julia Derkau: Fortbildungen für den Kultur- und Kreativsektor gibt es schon viele. Zweierlei macht die Angebote von MARCIE dar­unter besonders: Sie orientieren sich zum einen an Methoden und Ansätzen der Entrepreneurship-Education und nicht so sehr – wie der Großteil der Angebote am Markt – am Kultur­management. Das macht die MARCIE-Fortbildungen attraktiv nicht nur für Praktikerinnen und Praktiker, sondern auch für Studierende in fortgeschrittenen Semestern, die sich mit einer Gründungs­idee tragen oder die Freiberuflichkeit anstreben. Zum anderen sind die MARCIE-Angebote konsequent forschungs­basiert – und zwar in zweifacher Hinsicht: nicht nur mit Blick auf das Fundament der vermittelten Inhalte, sondern auch mit Blick auf die Erforschung der Ziel­gruppe und ihrer besonderen Bedürfnisse. Wir sind ja schließlich eine »Research Group«. Und Cultural Entrepreneurship ist eben nicht dasselbe wie andere Formen des Unternehmerischen. Kulturinstitutionen brauchen andere Impulse in Sachen »Intrapreneurship« und »Change Management« als Wirtschafts­unternehmen. Und die Kultur- und Kreativbranche hat ganz andere Bezugs­gruppen, braucht andere Bühnen und arbeitet in anderen, oft auch sozialen oder bürgerschaft­lichen Netzwerken. In diesem Bereich der Campus-Community-Partnerships haben wir schon viel Erfahrung in den letzten Jahren gesammelt. Und es ist großartig, diese jetzt zu systematisieren und weiterzugeben. 

FORUM: An wen richten sich die Angebote? 

Prof. Dr. Hiram Kümper: Innovationen, das hat der amerikanische Wirtschafts­wissenschaft­ler Frans Johansson vor einigen Jahren in einem internationalen Bestseller eindrücklich herausgearbeitet, entstehen regelmäßig an den Schnittstellen (»intersections«) zwischen Kultur, Wissenschaft und Geld. Die Angebote der MARCIE sollen Wissbegierige in die Lage versetzen, professionell und selbstwirksam an diesen Schnittstellen zu agieren. Das können Studierende sein, aber eben auch Branchenprofis aus Institutionen oder Selbständige und Gründerinnen und Gründer – und so kommen zu den inhaltlichen auch noch personelle »intersections« dazu, indem sich Leute mit sehr unterschiedlichem Background treffen. Und es verbindet sich damit ganz ausgezeichnet mit den Ansprüchen von ENGAGE.EU, wo ebenfalls Schnittstellenarbeit geleistet und damit ganz viel Innovations­potenzial freigesetzt wird.

Interview: Jule Leger / Oktober 2022