März 2020. Das Frühjahrssemester an der Universität Mannheim lief auf Hochtouren, der ganz normale Studienbetrieb war auf dem Campus schon vor ein paar Wochen gestartet. Und dann plötzlich: Das sich rasch ausbreitende, neue Virus. Mit der Lockdown-Verfügung des Landes wurde alles über Nacht geschlossen, auch die Schulen und Hochschulen. Wenn Melanie Klinger, die Leiterin des Zentrums für Lehre und Lernen (ZLL) der Uni Mannheim, vom Beginn der Corona-Pandemie erzählt, wirken diese Schilderungen wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Eine Zeit, in der die über 1600 Mitarbeitenden der Uni Mannheim noch nicht vernetzt waren über das Videokonferenz-System „MS Teams“, sondern zum Telefonhörer griffen oder an Bürotüren klopften, um miteinander zu sprechen. „Wenn wir ehrlich sind, waren wir auf den Lockdown natürlich nicht vorbereitet, wir hatten überhaupt gar kein Videokonferenz-System – wir hatten MS Teams zwar einzeln pilotiert, aber noch nicht ausgerollt,“ so Klinger. Oberste Priorität hatte nun der Lehrbetrieb, der dringend am Laufen gehalten werden musste – die Studierenden sollten weiter studieren können. Und so wurde die „Task-Force Lehre“ gegründet. Zu Hochzeiten der Pandemie traf sich das Dreiergespann aus Universitäts-IT (UNIT), Dezernat II für Studienangelegenheiten und ZLL täglich. Binnen weniger Tage schuf die Task-Force eine digitale Infrastruktur, die noch heute Bestand hat und tausendfach genutzt wird. „Wir haben Zoom-Lizenzen gekauft und somit war es möglich, auch große Vorlesungen für bis zu 1000 Teilnehmende online stattfinden zu lassen. Zusätzlich haben wir das Portal², also das digitale Vorlesungsverzeichnis, an Zoom gekoppelt – so konnten die Studierenden intuitiv an die Zoom-Links zu ihren Seminaren gelangen“, erzählt die Leiterin des ZLL. In der Krise seien die Abteilungen spürbar zusammengerückt, es seien Synergien und dadurch eine hohe Geschwindigkeit entstanden, so Klinger. Und mit Stolz kann die Task-Force Lehre rückblickend sagen, dass das gesteckte Ziel erreicht wurde: Trotz Lockdown war es jedem Studierenden möglich, im Frühjahrssemester 2020 jede Veranstaltung zu besuchen und jede Prüfung abzulegen, die sie oder er brauchte, um einen Abschluss zu erlangen. Und auch die internationalen Programme konnten weitergeführt werden: Dank der neu geschaffenen, digitalen Infrastruktur konnten die internationalen Studierenden aus dem Homeoffice heraus ihr Auslandssemester an der Uni Mannheim machen.
Eine Menge zusätzlichen Organisationsaufwand bescherte der März 2020 auch Kathrin Blitzkes Team, das sich im Akademischen Auslandsamt um die „Outgoings“ (jene Studierende, die ein Austauschprogramm absolvieren) kümmert. Im März war das Semester in fast allen Ländern schon im Gange, hunderte Mannheimer Studierende waren bereits rund um den Globus verteilt und vom Auswärtigen Amt gab es die ersten Rückholaktionen. Zahllose E-Mails erreichten in dieser Zeit das Outgoing-Team, das sich jeder einzelnen annahm. „Wir haben eine Fürsorgepflicht, die wir ernst nehmen. Und so haben wir allen Studierenden geschrieben und sie gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, damit wir uns einen Überblick verschaffen und rasche Hilfe anbieten können“, erzählt Blitzke. Parallel dazu trudelten bereits die ersten Anfragen jener Studierenden ein, die sich für ein Auslandssemester im Herbst beworben hatten – immerhin rund 850 – die allesamt Antwort auf die gleichen Fragen suchten: Kann ich im Sommer ausreisen? Oder: Ich möchte nicht mehr nach China oder nach Italien, kann ich woanders hin? „Wir haben kurzfristig beschlossen, Studierende eine Verschiebung des Auslandssemester anzubieten und das war unglaublich viel Aufwand. Einfach, weil wir viel Zwiesprache halten mussten und unsere Studis auch gut betreuen wollten“, erinnert sich die Teamleiterin. Im Notfallmodus habe ihr Team in dieser Zeit den doppelten Workload abgearbeitet und dabei stets zusammengehalten.
Auch wenn die großen Fragezeichen, die die Corona-Pandemie in puncto Auslandssemester mit sich brachte, mittlerweile der Vergangenheit angehören – eine gewisse Unsicherheit auf Seiten der Studierenden bleibt bestehen, zumindest in Bezug auf ein Land: das Vereinigte Königreich. Im Juni 2016 wurde der Brexit beschlossen, die Konsequenzen für Blitzkes Team waren zunächst vor allem ein erhöhter Beratungsbedarf der Studierenden – das Budget für eine finanzielle Unterstützung durch das Erasmus Programm blieb bis zuletzt aber erhalten. Dies hat mit der Pandemie zu tun, erklärt die Teamleitung: „UK hat das Erasmus-Programm zwar verlassen, da in der Pandemie etliche Studierende ihren Austauschplatz nicht angetreten haben, haben wir noch Restgelder, die wir bis zum 31. Mai 2023 verausgaben dürfen“. Noch also gehen Mannheimer Studierende mit Erasmus nach England, Schottland, Wales und Nordirland. UK war bis dato ohnehin oft das beliebteste Land – die Outgoing-Zahlen stiegen stetig und pendelten sich in den letzten Jahren auf einem hohen 120 Personen-Niveau ein. Nun aber sank diese Zahl zuletzt auf 83 Personen: „Wir haben relativ lange nicht sagen können, ob wir das Jahr 22/
Möglich machen, Chancen schaffen. In einer Zeit, in der Krieg mitten in Europa herrscht, ist Sabrina Scherbarth, Geschäftsführerin der Stiftung Universität Mannheim, sich einerseits ihrer Verantwortung bewusst und andererseits dankbar für die Möglichkeit kurzfristigen Wirkens, die ihr die Stiftungsarbeit gibt. Sehr genau erinnert sie sich an den Freitag, an dem Professor Thomas Fetzer bei ihr anrief und die Idee eines Ukraine-Notfallfonds vortrug. 5 Arbeitstage, 600 Briefe und 200 E-Mails später war die Idee zum Fonds geworden. „Wir möchten geflüchtete und gefährdete junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Ukraine und Russland unterstützen, damit sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten bei uns an der Universität Mannheim fortsetzen können“, erklärt Scherbarth die Idee. Mittlerweile profitieren zwei Stipendiatinnen von der Förderung. So zum Beispiel Alina, die aus Tschernihiw in der Nordukraine stammt und mit ihrer fünfjährigen Tochter nach vielen Tagen im Schutzkeller zu Bekannten in Deutschland geflohen ist. Alina ist promovierte Historikerin und forscht zu juristischen Strukturen in der Ukraine während der nationalsozialistischen Besatzung. Ihre wissenschaftliche Arbeit kann sie nun am Historischen Institut der Universität Mannheim fortführen. „In Krisenzeiten, das haben uns die letzten Jahre gelehrt, ist schnelles Handeln gefragt. Wir sind froh, dass so viele Fördernde ihre Solidarität mit den Opfern dieses Krieges gezeigt haben und wir rasche Hilfe anbieten können“, sagt Sabrina Scherbarth.
Text: Jule Leger / Oktober 2022