Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht
„Eigentlich wollte ich Richterin werden“, beginnt die seit dem 01. August 2023 neue Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Prof. Dr. Laura Neumann lächelnd das Gespräch. „Die Lust an der Wissenschaft hat sich bei mir im Laufe der Jahre entwickelt und ist zur echten Leidenschaft geworden – vor allem während meiner Promotion habe ich gemerkt, wie sehr mir das liegt“, ergänzt Neumann ihre einführenden Worte. Studiert hat die gebürtige Viersenerin in Heidelberg, Rom und München, für ihre Dissertationsschrift wurde sie mit dem Fakultätspreis 2014 der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet. Im Anschluss an die Promotion in München mit Forschungsaufenthalten in Cambridge und Atlanta in den USA folgte das Rechtsreferendariat in Münster mit Stationen in Berlin, Düsseldorf und Tokyo. „Während meines Tokyo-Aufenthalts erhielt ich die Anfrage meines Doktorvaters, ob ich an der Mitbetreuung eines DFG-Forschungsprojektes und einer parallelen Habilitation Interesse hätte. Obwohl ich über diese Option bisher nie auch nur nachgedacht hatte, wusste ich in diesem Moment sofort, dass ich nichts anderes machen wollte. Die Anfrage war in diesem Sinne mein persönlicher Jackpot.“, erinnert sich die heute 37-Jährige.
Im Juli 2022 habilitierte sie sich dann an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit zum Aufsichtssanktionenrecht europäischer Agenturen am Beispiel des EU-Kapitalmarktstrafrechts. Schon zeitgleich zur Arbeit an der Habilitationsschrift vertrat Prof. Neumann Lehrstühle an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) sowie in Heidelberg, Mannheim, Hamburg und Leipzig. „Ich fand die Universität Mannheim schon in meiner Vertretungszeit ganz großartig und habe die Arbeit mit den hochmotivierten, bereits wirtschaftswissenschaftlich ausgebildeten Studierenden und das überaus freundliche und beflügelnde Arbeitsklima sehr genossen. Über den Ruf habe ich mich dementsprechend enorm gefreut“, erinnert sich Neumann und fügt an: „Hinzukommt, dass die Denomination meines Lehrstuhls hier an der Universität Mannheim genau meine fachliche Ausrichtung wiederspiegelt und ich mich jetzt hier entsprechend austoben darf!“ Die nächsten Schritte in Mannheim sind klar, Neumann freut sich auf die engagierten Studierenden, die auch interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen, die Arbeit mit ihrem Team und insbesondere auch darauf, ihr Herzensprojekt umzusetzen: „In Fortführung meines Habilitationsprojektes möchte ich mein erstes großes Mannheimer Forschungsprojekt dem Aufsichtssanktionenrecht einer geplanten neuen EU-Agentur – der Europäischen Geldwäschebehörde AMLA – widmen“, blickt Neumann freudig in die Zukunft.
Lehrstuhlinhaber für Mathematische Optimierung
Wie lassen sich knappe Ressourcen optimal in einem Netzwerk verteilen? Welche Methoden sind geeignet, um massive Optimierungsprobleme des Maschinellen Lernens zu lösen? Wie garantieren wir, dass unsere Stromnetzwerke robust, effizient und verlässlich sind? Mit der Beantwortung solch grundlegender Fragen beschäftigt sich Professor Dr. Mathias Staudigl in seiner Forschung in der Mathematischen Optimierung. Neben Methoden der reinen Optimierung, sind auch moderne Ansätze der mathematischen Spieltheorie, der nicht-glatten und konvexen Analysis, der Theorie der dynamischen Systeme (ODEs und PDEs), sowie der Wahrscheinlichkeitstheorie und theoretischen Informatik wichtige Bestandteile der Forschung am Lehrstuhl für Mathematische Optimierung.
Zurzeit arbeitet Staudigl intensiv an Optimierungsfragen von Energienetzwerken in gemeinsamen Projekten mit dem französischen Elektrizitätskonzern „Électricité de France“ (EDF). Ziel dieser Projekte ist die Entwicklung neuer Methoden für die verteilte Optimierung von Stromnetzwerken unter Berücksichtigung von stochastischen Unsicherheiten, die etwa durch die verstärkte Beteiligung von erneuerbaren Energiequellen in dem allgemeinen Strommix einfließen. Im Rahmen dieser Projekte haben Staudigl und sein Team neue Verfahren entwickelt, die insbesondere für große, massive Optimierungs- und Gleichgewichtsprobleme zum Einsatz kommen. Diese Verfahren wurden nicht nur theoretisch, sondern auch experimentell getestet.
„In Mannheim planen wir diese numerischen Tools weiterzuentwickeln und mit bestehenden Projekten am Institut für Wirtschaftsmathematik zu verknüpfen“, erzählt der Mathematiker. Insbesondere sei eine integrierte Simulations-und Optimierungsplattform für Gas und Stromnetzwerke in Planung, die als erste mathematische pipeline für diese wichtige Klasse von Optimierungsproblemen dienen wird. „Im Rahmen dieses integrierten Ansatzes ist nicht nur eine neue theoretische Analyse von Strom und Gasnetzwerken möglich, sondern auch ein neues decision support tool für die praktische Planung und Steuerung von großen Energienetzwerken“, berichtet er, um gleich danach hinzuzufügen: „Zur Realisierung dieses herausfordernden Projektes bietet die Universität Mannheim das ideale Forschungsumfeld.“
Eine besonders attraktive Komponente an der Universität Mannheim ist für Staudigl auch die Einbettung in die deutsche akademische Landschaft. Die geografische Nähe zu exzellenten Forschungsinstitutionen sei für ihn ein großer Pluspunkt für die Region und ein wichtiger Bestandteil des akademischen Austauschs und der Zusammenarbeit.
Lehrstuhl für Angewandte Politische Ökonomie
Die Schere zwischen Arm und Reich klafft in Deutschland und weltweit immer weiter auseinander. Obwohl der wirtschaftliche Wohlstand insgesamt wächst, haben immer weniger Haushalte Anteil daran. Wie kann man aber verhindern, dass ein Großteil der Gesellschaft abgehängt wird? Ursachen und Folgen von gesellschaftlicher Ungleichheit bilden einen Forschungsschwerpunkt des Wirtschaftswissenschaftlers Moritz Kuhn, der im September den VWL-Lehrstuhl für Angewandte Politische Ökonomie übernommen hat.
Das Thema Ungleichheit betrachtet er dabei aus verschiedenen Perspektiven. Hinsichtlich der Vermögensungleichheit untersuchte Kuhn zum Beispiel die Bedeutung des Häuser- und Aktienmarktes. Die überraschende Antwort: Wenn die Hauspreise steigen, ist dies gut für die Mittelschicht – und die Vermögensungleichheit sinkt. Steigt der Aktienmarkt, ist dies gut für die reichsten Haushalte – und die Vermögensungleichheit steigt. Der Grund ist die sehr unterschiedliche Zusammensetzung der Vermögen zwischen der Mittelschicht und reichen Haushalten. Derzeit beschäftigt sich Kuhn mit der Schnittstelle aus Finanz- und Arbeitsmärkten und untersucht, wie sich die großen Unterschiede im Risiko, entlassen zu werden, auf die Spar- und Anlageentscheidung auswirken. In Deutschland etwa fallen 80 Prozent der Entlassungen auf 20 Prozent der Beschäftigten.
Auf Grundlage von Daten aus Deutschland und den USA erstellt Kuhn dazu wirtschaftliche Modelle, um die Zusammenhänge zu untersuchen und wirtschaftspolitische Maßnahmen zu bewerten. Dies sind Fragen zu Renten- oder Arbeitsmarktreform, aber auch dazu, wie sich Elterngeld- oder Teilzeitregelung auf die Erwerbsverläufe und die Vermögensbildung auswirken können. Das Ziel sei es, so Kuhn, eine Volkswirtschaft zu schaffen und zu erhalten, die für alle funktioniert.
Moritz Kuhn studierte Wirtschaft an der Universität Mannheim und schrieb dort von 2005 bis 2010 seine Dissertation mit dem Titel Topics in dynamic macroeconomics, betreut von Professor Tom Krebs, Ph.D. „Die Region und die Universität sind mir vertraut“, meint der gebürtige Heidelberger. Nach 13 Jahren im Rheinland fühlt er sich bereit für einen Wechsel: „Es war Zeit für mich, an einen anderen Ort zu gehen und neue Impulse zu bekommen“.
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Ökonomische Analyse des Rechts und Öffentliches Wirtschaftsrecht
Juristinnen und Juristen bekommen manchmal zu hören, das Fach sei trocken und theorielastig. Professorin Stefanie Egidy, die zum August an die Universität Mannheim berufen wurde, kann das gar nicht nachvollziehen. „Regulierung von Facebook, Finanzmarktstabilisierung, Klimawandel – das sind doch Themen, die uns alle umtreiben und die man rechtlich bewältigen muss“, ist sie überzeugt. Daran erkenne man ihrer Meinung nach auch die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Steuerung. Genau dieses Thema – die rechtliche Steuerung des Verhaltens – macht den Kern ihrer Forschung aus.
Da sie vor allem über Märkte forscht und das Thema Marktversagen im Blick hat, braucht Egidy auch ökonomisches Wissen darüber, wie Märkte funktionieren. „Die intensive Verbindung von Rechtswissenschaften und Ökonomie, wie sie an der Universität Mannheim stattfindet, ist für mich besonders attraktiv“, sagt Egidy. „Es ist ein großes Privileg, hier so eingebunden arbeiten zu dürfen“.
Aktuell treibt sie das Thema Regulierung der großen Plattformen wie Facebook oder X, vormals Twitter, um. Wie stellt man sicher, dass Wahlentscheidungen auch unter ihrem Einfluss auf freier und gleicher Grundlage getroffen werden können? Und dass alle in der Gesellschaft über Informationen verfügen? In ihrer früheren Forschung hat sie sich auch mit der globalen Finanzkrise von 2007–2009 beschäftigt – einem scheinbar grundlegend anderen Thema also. Aber auch hier ging es im Kern um die Frage, wie sich staatliche Institutionen in Krisensituationen verhalten sollen.
Die Verbindung zu anderen Disziplinen wie Verhaltensökonomie und Politikwissenschaft brachte zunächst auch methodische Herausforderungen für die Juristin mit sich. Viel erfahren über die empirische Arbeit hat sie in ihrer früheren Beschäftigung als wissenschaftliche Referentin am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Die empirische Ausrichtung der Sozialwissenschaften an der Universität Mannheim war für die Rechtsexpertin ein weiterer Grund, sich für die weiter südlich gelegene Stadt am Rhein zu entscheiden.
Lehrstuhl für Finanzmathematik
Die Forschungsschwerpunkte von David Prömel liegen in der Finanzmathematik, einem Zweig der Mathematik, der sich beispielsweise mit der Bewertung von Finanzderivaten oder der Berechnung von Risiko beschäftigt. Konkret interessiert sich der Mathematiker für sogenannte Modellunsicherheit – ein Thema, das 2008 im Zuge der Finanzkrise aufgekommen ist. Damals entstand die Idee, fehlerresistente Finanzmodelle zu entwickeln, die nicht zusammenbrechen, sobald ein falscher Parameter gewählt wird oder wenn die Information unvollständig ist. Denn im Gegensatz zu Physik oder Chemie könne man in finanzmathematischen Modellen nicht immer auf vorhersehbare Parameter zurückgreifen, erklärt Prömel. Der Grund dafür: Auf den Finanzmärkten gleicht kein Tag dem anderen und die Finanzdaten ändern sich jeden Tag. Die Herausforderung bestehe daher darin, ein Modell zu erstellen, das die Unsicherheit der Märkte einpreist und möglichst gut beschreibt. Ein solches Modell macht es Fondsmanagern und Analysten erst möglich, die beste Handelsstrategie zu wählen und das optimale Portfolio zusammenzustellen.
„Meine Interessen liegen im Bereich der Wirtschaft, aber in erster Linie bin ich ein leidenschaftlicher Mathematiker“, gesteht der 35-Jährige, der in den vergangenen vier Jahren bereits als Juniorprofessor am Mannheimer Institut für Mathematik beschäftigt war. Als die Finanzkrise 2008 aufkam, hatte er gerade sein Abitur abgelegt. Seine wissenschaftliche Laufbahn verlief ohne große Umwege, dabei machte er Stationen an den führenden europäischen Hochschulen wie der ETH Zürich und der Oxford Universität. 2019 kam er nach Mannheim. „Das Institut für Mathematik ist relativ klein, aber wirtschaftsnah ausgerichtet. Dank der vielen sehr guten Kolleginnen und Kollegen ist das Forschungsumfeld hochattraktiv“, so Prömel.