Das Institute for Enterprise Systems (InES), das 2011 als „Industry-on-Campus-Projekt“ gegründet wurde, verfolgt das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen in konkreten Anwendungen umzusetzen. Die Forschung am InES verfolgt einen interdisziplinären Ansatz: Wissenschaftler*innen aus den verschiedenen Fakultäten der Universität Mannheim forschen gemeinsam mit anderen deutschen und internationalen Hochschulen sowie Partner*innen aus der Industrie. Als Anschubfinanzierung gab es 1,5 Millionen Euro vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium. Mittlerweile werden alle Projekte am InES von Industriepartner*innen und der öffentlichen Hand finanziert – entweder als industrielle Auftragsforschung oder als Verbundforschungsprojekte, bei denen der öffentliche Geldgeber alle Beteiligten ganz oder teilweise fördert.
So ist es etwa bei dem Projekt „Mannheim Molecular Intervention Environment“ (M²OLIE). Der Forschungscampus M²OLIE, in dem eine patientenzentrierte und zeitoptimierte Infrastruktur für innovative Tumortherapien erarbeitet wird, ist eines von neun geförderten Forschungsprojekten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Wettbewerbs „Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“. Es hat einen Förderumfang von 10 Millionen Euro. Projektpartner sind neben dem InES und weiteren akademischen Partner*innen unter anderem Siemens Healthineers, Zeiss und mint medical. Die Mitarbeitenden am InES sind zum Beispiel an KI-basierten Datenanalysen und der Entwicklungen patientenzentrierter Anwendungen zur Ablaufverbesserung, wie der elektronischen Patientenaufklärung, beteiligt.
Neben neun assoziierten Professor*innen der Universität Mannheim, die die Projekte verantworten, forschen insgesamt rund 30 Doktorand*innen am InES. Für sie ist die Promotion am Institut ein Sprungbrett in die Industrie. „Unsere Mitarbeitenden schätzen es, dass sie während ihrer Promotion einerseits frei forschen können, andererseits aber auch die Kontakte in die Industrie bekommen und im Anschluss oft einen guten Einstieg in einem Unternehmen finden“, berichtet Dr. Christian Bartelt, der Geschäftsführer des Instituts und Leiter der Forschungsgruppe „AI Systems Engineering“. Oder sie gründen gleich selbst ein Unternehmen. So wie Julian Kissel – ehemaliger Masterstudent der Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim. Während seiner Masterarbeit am InES hat er bereits eine eigene KI-Technologie für Sprachassistenz entwickelt. Als Gründer der Aliru GmbH ist er nun Geschäftsführer eines Unternehmens mit 26 Mitarbeitenden, das einen auf künstlicher Intelligenz basierenden Sprachbot anbietet, der Vertriebsmitarbeitenden dabei hilft, schnell und effektiv auf alle relevanten Informationen in ihrem Kunden-System zuzugreifen.
Seit 2016 sind insgesamt fünf Unternehmen aus dem InES hervorgegangen. „Das InES stärkt die regionale Wirtschaft. Zum einen mit den Ausgründungen, zum größeren Teil aber mit den Projekten selbst“, erklärt Prof. Dr. Armin Heinzl, Gründungsdirektor des InES. „Etwa 50 Prozent der an den Projekten beteiligten Unternehmen sitzen in der Rhein-Neckar-Region. Wir arbeiten eng mit der Stadt Mannheim und der kommunalen Wirtschaftsförderung zusammen. Öffentliche Gelder fließen hierher. Und gleichzeitig wirken wir in die Universität zurück, indem die Projektarbeit auch in die Lehre eingebunden wird.“ So können Masterstudierende zum Beispiel bei einem europäischen Teamprojekt mit der Babes-Bolyai-University in Klausenburg/
Auch beim gerade gestarteten Projekt MediCar 4.0 ist die Einbindung von Studierenden geplant. Die Entwicklung elektrischer Niederflurfahrzeuge im Krankenhaus ist ein nationales Leuchtturmprojekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Bereich Elektromobilität und wird mit über 4,5 Mio. Euro gefördert. „Ziel ist es, die Logistik im Krankenhaus zu verbessern. Dabei geht es nicht nur um den Transport von medizinischen Produkten, wie etwa Laborproben, sondern auch um Dinge wie Wäsche oder Catering. Die meisten dieser Transportaufgaben werden im Moment durch Personal erbracht, das in anderen unterbesetzten Bereichen wie zum Beispiel der Patientenbetreuung sinnvoller eingesetzt werden könnte“, erklärt Projektleiter Bartelt. Der Beitrag des InES umfasst hier einerseits die funktionale Sicherheit der autonom gesteuerten Fahrzeuge im unmittelbaren Umfeld von Menschen sowie andererseits die Optimierung der Routenplanung einer ganzen Flotte autonomer Fahrzeuge.
Das Projekt ist nur eines von vielen Beispielen, wie am InES Grundlagenerkentnisse in praktische Anwendungen übertragen werden und im weitesten Sinn die Gesellschaft verbessern. „Am Ende der Projekte steht immer eine konkrete Lösung beziehungsweise ein Demonstrator, an dem man die Eigenschaften des Ergebnisses evaluieren und mit dem man weiterarbeiten kann“, so Bartelt. Dabei spielt bei einem Großteil der Softwareentwicklung, die am InES geschieht, Künstliche Intelligenz die entscheidende Rolle. Ihr Anteil bei den Projekten ist über die Jahre kontinuierlich gewachsen. „Wir erwarten, dass Künstliche-Intelligenz-Systeme die meisten Lebensbereiche unserer Gesellschaft in den nächsten Jahren teils grundlegend verändern werden und unsere Forschenden diese spannende Entwicklung mitgestalten,“ prognostiziert der Geschäftsführer des InES.
Text: Katja Bauer/