Erfolgsrezept für ein 260-Millionen-Dollar-Crowdfunding-Projekt

2,5 Millionen Fans steuerten bislang mehr als 260 Millionen US Dollar für ein Online-Spiel bei, das es noch gar nicht auf dem Markt gibt – ein weltweiter Rekord. Wie schafften es die Entwickler von „Star Citizen“, eine solch große Community noch vor der eigentlichen Markt­einführung aufzubauen? Dieser Frage gingen die Mannheimer Wirtschafts­wissenschaft­ler Dr. Jan-Philipp Ahrens und Baris Istipliler mit ihren Kollegen von den Universitäten Augsburg und Düsseldorf nach.

Pressemitteilung vom 24. Januar 2020
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Seit 2012 wird das Produkt online angekündigt, erhältlich ist es immer noch nicht. Im Normalfall würde das den Unmut der virtuellen Nutzerinnen und Nutzer nach sich ziehen. Nicht so bei „Star Citizen“, dem Science-Fiction Online-Spiel des amerikanischen Gründers Chris Roberts: Die Fans warten geduldig auf die Vollversion des Spiels und tauschen sich zwischenzeitlich millionenfach über Chats in den sozialen Medien und auf der Webseite des Entwicklerstudios aus. Und vor allem: Sie haben Tausende von Dollar in das Projekt gesteckt.

Vier Wissenschaft­ler wollten das Phänomen erforschen und organisierten für BWL-Studierende der Universität Mannheim ein Forschungs­seminar mit dem Titel "'Star Citizen': The Art of Going Beyond Crowdfunding in the Video Gaming Business“. Übersetzt heißt das: „Über die Kunst, in der Videospieleindustrie über Crowdfunding hinauszugehen“. Das war vor drei Jahren. Im vergangenen Monat stellten die jungen Assistenzprofessoren und Doktoranden die Ergebnisse ihrer Forschung auf der weltweit führenden Konferenz für Informations­systeme (ICIS) vor. Die Veröffentlichung ist über den weiter untenstehenden Link frei öffentlich zugänglich.

In dem Artikel argumentieren sie, dass der beispiellose Crowdfunding-Erfolg auf eine sehr gut geplante und authentisch umgesetzte Management­technik zurückzuführen ist. Diese zielt darauf ab, Menschen in einen kontinuierlichen sozialen Austausch über einen gemeinsamen Traum zu bringen – den Traum von einem spannenden Spielerlebnis mit Tausenden von Menschen in der ganzen Welt. Sie tauschen sich per Videos, Bilder, in Talkshows, Livestreams sowie bei realen Events aus und organisierten Fantreffen. Inzwischen existieren mehr als 100 Millionen Videos, die sich mit dem Thema beschäftigen – obwohl das zuständige Start-up Unternehmen, Cloud Imperium Games, vor allem Programmierer beschäftigt, die sich mit der Entwicklung des Spiels befassen. Das Entwicklerstudio allein ist also nicht in der Lage, eine solche Flut an Kommunikations­wegen zu lenken und den Content dafür allein zu generieren. Das machen überwiegend die Fans.

Die Forscher untermauerten ihre Argumente mit gesammelten primären qualitativen Daten aus Interviews und erweiterten die Evidenz um sekundäre qualitative Daten aus Videos. Darüber hinaus bauten sie für ihre mixed-methods Studie eine detaillierte quantitative Datenbank auf, um die Handlung des Unternehmens und den sozialen Austausch über den gemeinsamen Traum auf täglicher Basis zu verfolgen. Diese verknüpften sie mit dem Zugewinn an sozialem und finanz­iellem Kapital.

„Soziales Kapital zu generieren ist nicht teuer und dank der neuen Management­technik machbar“, fasst Crowdfunding-Forscher Dr. Jan-Philipp Ahrens zusammen. Für ihn und seine Kollegen, die allesamt Alumni der Universität Mannheim sind, ist diese Methode dafür geeignet, auch andere Wünsche und Träume von Menschen zu realisieren. Insbesondere soziale Initiativen wie Klimaschutz­projekte könnten so finanz­iert werden, da auch diese mit den Träumen vieler Menschen eng verknüpft sind.

Originalpublikation
Ahrens, J.-P., Isaak, A., Istipliler, B. und Steininger, D. M. (2019). The Star Citizen Phenomenon & the „Ultimate Dream Management“ Technique in Crowdfunding. In Krcmar, H., Proceedings of the International Conference on Information Systems – Information Systems at the Heart of Innovation Eco­systems : ICIS 2019, Munich, Germany, 15–18 December 2019 (S. Paper 1959). , AISeL: Atlanta, GA.

Pressefotos finden Sie unter: https://www.uni-mannheim.de/newsroom/presse/pressefotos/

Kontakt:
AkadR. Dr. Jan-Philipp Ahrens
Assistant Professor am Lehr­stuhl für Mittelstandsforschung und Entrepreneurship
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-2273
E-Mail: jahrensmail-staff.mail.uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de