Mannheimer Unter­nehmens­umfrage: Für jede zweite Firma war die Staats­hilfe überlebens­wichtig

Eine erste Umfrage des German Business Panels (GBP) unter deutschen Unter­nehmen zeigt, dass zwei Drittel der Firmen im Zuge der Corona-Krise staatliche Hilfe in Anspruch genommen haben. Jedes zweite dieser Unter­nehmen hätte die Krise ohne Hilfe vom Staat sogar nicht überstanden. An der repräsentativen Studie der Universität Mannheim nahmen bundes­weit über 9.500 Unter­nehmen aller Größenordnungen und aus unter­schiedlichen Branchen teil.

Pressemitteilung vom 25. September 2020

Die Corona-Krise hat massive Aus­wirkungen auf die deutsche Wirtschaft: Im Frühjahr wurde die Produktion vielerorts her­unter­gefahren, Geschäfte und Gastronomiebetriebe waren wochenlang geschlossen, die Nachfrage nach bestimmten Gütern sank. Um den betroffenen Firmen schnelle Hilfe zu liefern, verabschiedete der Staat ein Konjunktur­programm in Höhe von 130 Milliarden Euro. Doch wie kam das Maßnahmenbündel bei den einzelnen Unter­nehmen an? Welche Maßnahmen wurden besonders stark beansprucht, welche verfehlten ihre Wirkung? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine Studie, die ein Forschungs­team des German Business Panels (GBP) an der Universität Mannheim unter über 9.500 Unter­nehmen durchgeführt hat. 

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie: Zwei Drittel der befragten Unter­nehmen berichten, dass sie staatliche Hilfe in Anspruch genommen haben. Und fast die Hälfte dieser Unter­nehmen (48 Prozent) hätte die Krise nach eigener Einschätzung ohne diese Hilfe nicht überlebt. 

Zu den drei meistgenutzten Maßnahmen zählen laut Umfrage die Corona-Soforthilfe (49 Prozent), Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld (26 Prozent) und die Stundung von Steuerzahlungen (26 Prozent). Dabei nehmen Branchen, deren Gewinn stärker durch die Krise betroffen ist, die Staats­hilfen eher in Anspruch. Dazu zählen etwa Reisebüros, Gastronomen und Getränkehersteller, Künstler, Kreative, die Unter­haltungs- und Erholungs­branche. „Diese Daten belegen, dass die staatliche Förderung bei den Unter­nehmen angekommen ist, die sie auch gebraucht haben“, fasst Professor Dr. Jannis Bischof von der Universität Mannheim zusammen. Bischof ist Inhaber des Lehr­stuhls für Allgemeine Betriebs­wirtschafts­lehre und Unter­nehmens­rechnung sowie Mitautor der Studie.

„Interessant ist, dass fast alle Betriebe neben den staatlichen Hilfen auch eigene Maßnahmen ergreifen müssen, um durch die Krise zu kommen“, fügt Bischof hinzu. Die meisten setzen auf Verminderung von Lohnsteigerungen oder Bonuszahlungen, danach folgen Preiserhöhungen und 13 Prozent haben sich auch zum Abbau von Arbeits­plätzen entschlossen. 

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt, dass fast 80 Prozent der Unter­nehmen eine zweite Infektions­welle und damit weitere Gewinneinbrüche befürchten – auch wenn ein Anstieg an Insolvenzen durch die staatliche Hilfe zunächst abgewendet werden konnte. „Die meisten Unter­nehmen erwarten die zweite Welle zu Beginn des Oktobers, was im Einklang mit den aktuell steigenden Fallzahlen steht. Allerdings ist fragwürdig, ob mit dieser erstaunlich präzisen Einschätzung auch die Möglichkeit einhergeht, weitere Einbußen zu verkraften“, bemerkt Professor Dr. Dirk Simons, ein weiterer Mitautor der Studie. Simons ist Prorektor für Internationales und Inhaber des Lehr­stuhls für Allgemeine Betriebs­wirtschafts­lehre und Rechnungs­wesen.

Die Studie „Wirkung und Zielgenauigkeit der staatlichen Hilfen für Firmen in der Krise“ basiert auf der ersten Umfrage des German Business Panels (GBP), das an der Universität Mannheim angesiedelt ist. Folge­studien, unter anderem zu steuerpolitischen und regulatorischen Änderungen im Zuge der Corona-Krise, sind geplant. Das German Business Panel (GBP) ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Sonderforschungs­bereichs „Accounting for Trans­parency“. 

Die Zusammenfassung der Studie ist abrufbar unter: https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2020/09/gbp_executive_summary_september_2020.pdf

Zur Website des GBP: gbpanel.org

Zum Sonderforschungs­bereich „Accounting for Trans­parency“

Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 80 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von acht Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der European School of Management and Technology Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main und WHU – Otto Beisheim School of Management. Die Forscherinnen und Forscher unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro. Mehr Infos unter: www.accounting-for-trans­parency.de 

Kontakt:
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unter­nehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de 

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel. +49 621 1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de