GBP-Monitor: In der Krise zählt für Manager unverändert vor allem der bilanzielle Gewinn – gesellschaft­liche Ziele treten dahinter zurück

Trotz aller Diskussionen über die gesellschaft­liche Verantwortung der Wirtschaft: Lediglich 11,1 Prozent der Unternehmen in Deutschland berücksichtigen nicht-finanz­ielle Kennzahlen wie Mitarbeiter­zufriedenheit, Energieverbrauch oder Geschlechterquote als Kriterien für den unternehmerischen Erfolg – dies liegt sogar noch um 3,6 Prozentpunkte unter den Werten im Vorjahr. Das belegt der Dezember-Bericht des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim.

Pressemitteilung vom 15. Dezember 2022
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Zum Jahreswechsel steht für die meisten Manager eine Bewertung des vergangenen Geschäftsjahres an. Wie steht das Unternehmen dar? Wurden die gesteckten Jahresziele erreicht? Immer häufiger kommt dabei die Forderung auf, dass Unternehmen angesichts der sozialen und klimapolitischen Herausforderungen sich auch nichtfinanz­ielle Ziele setzen und deren Erreichung messen.

Seit Juli 2021 fragt das GBP daher, welche Kennzahlen Unternehmen in Deutschland bei ihren Zielvorgaben berücksichtigen. Und wie die Daten belegen, hat auch in diesem Jahr die Sicherung des finanz­iellen Erfolgs Vorrang vor anderen, nicht-finanz­iellen Zielen: Lediglich 11,1 Prozent der Unternehmen berichteten, zur Erfolgsmessung, zusätzlich zu Bilanzgewinn oder Liquidität, auch nichtfinanz­ielle Kennzahlen heranzuziehen. Das sind sogar 3,6 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. „Die Zahlen verdeutlichen, dass offenbar viele Unternehmen nach wie vor auf harte Finanz­kennzahlen setzen. Gerade in einem Krisenjahr zählt für viele Unternehmen verständlicherweise zuerst die Sicherung der eigenen finanz­iellen Basis. Andere gesellschaft­liche Ziele treten dahinter zurück“, sagt Prof. Dr. Jannis Bischof, Inhaber des Lehr­stuhls für ABWL und Unternehmens­rechnung an der Universität Mannheim und wissenschaft­licher Projektleiter des GBP.

Es ist also ein vergleichbar kleiner Kreis von Unternehmen, die auf nicht-finanz­ielle Kennzahlen setzen. Von ihnen berücksichtigen fast 90 Prozent in erster Linie die Mitarbeiter­zufriedenheit und 56 Prozent vor allem das eigene Image. Auf nachhaltigkeits­bezogene Kennzahlen wie CO2-Emissionen oder Wasser- und Energieverbrauch schauen 35,4 bzw. 29,3 Prozent der Befragten. Dieser Anteil ist immerhin deutlich gestiegen (plus 12,1 bzw. 10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr). „Hier zeigt sich, dass mit zuletzt deutlich gestiegenen Energiekosten Unternehmen zunehmend erkennen, wie sich hoher Ressourcenverbrauch unmittelbar auf den finanz­iellen Erfolg auswirkt und als eigenes Ziel gerechtfertigt ist“, so Bischof. Die Geschlechterquote rangiert mit 8,9 Prozent hingegen auf dem letzten Platz der Prioritätsliste.

Im Branchenvergleich stechen vor allem die Bereiche Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, IT sowie der Dienstleistungs­sektor für ihre Berücksichtigung weicher Faktoren hervor, wohingegen im Baugewerbe und im Handel nicht-finanz­ielle Kennzahlen besonders selten genutzt werden. Im Standortvergleich führen die Stadtstaaten Berlin und Hamburg die Tabelle an, Schlusslichter sind neben Baden-Württemberg auch Hessen und Sachsen-Anhalt.

Der Bericht zeigt ferner, dass sich die betriebs­wirtschaft­liche Lage der Unternehmen trotz konjunktureller Sorgen weiter stabilisiert hat: Die erwarteten Umsätze, Investitionen und die Gewinne sind im Vergleich zum Vormonat nur in geringem Maß gesunken. 

Den „GBP-Monitor: Unternehmens­trends im Dezember 2022“ finden Sie hier:  https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2022/12/gbp_monitor_2022_12.pdf

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (www.accounting-for-transparency.de).

Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main, WHU – Otto Beisheim School of Management, und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmens­transparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unternehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de