Porträt von Jan Sindelar. Er sitzt an einem Tisch, die Wand hinter ihm ist orange. Er hat kurze braune Haare, trägt ein hellblaues Hemd und schaut in die Kamera.

„Gib dir Mühe und wähle nicht den einfach­sten Weg“

Jan Šindelář ist 22 Jahre alt und in der Tschechischen Republik aufgewachsen. Nach seinem Schul­abschluss wagte er den Schritt nach Mannheim, um sein BWL-Studium zu beginnen – eine Entscheidung, die durch sein erfolgreich absolviertes deutsches Sprach­diplom erleichtert wurde. Nun befindet er sich im vierten Semester und arbeitet nebenbei in Frankfurt. In seiner myUniMA-Story teilt Jan seine ersten Eindrücke von Mannheim, seine Erfahrungen im Studium und seine Visionen für die berufliche Zukunft.

Wie bist du aufgewachsen und was studierst du?

Ich komme ursprünglich aus der Tschechischen Republik und bin in einer Kleinstadt an der deutsch-tschechischen Grenze aufgewachsen, ungefähr zehn Kilometer von Deutschland entfernt. Viele Leute in der Region lernen auch Deutsch oder sprechen die Sprache. In meiner Familie bin ich aber der Erste, der Deutsch spricht – obwohl wir deutsche Vorfahren haben. Während meiner Schulzeit auf dem Gymnasium habe ich nach ungefähr fünf Jahren Deutsch­unter­richt das DSD II Diplom erhalten. Das ist ein von der Kultus­ministerkonferenz ausgestelltes Sprach­diplom. Damit konnte ich nachweisen, dass ich Deutsch auf C1-Niveau spreche, was für ein Studium in Deutschland erforderlich ist. Aktuell studiere ich im vierten Semester BWL und freue mich auf mein bevorstehendes Auslands­semester in Dublin.

In drei Worten: Wie würdest du dein Studium bisher zusammenfassen?

Anspruchsvoll. Motivierend. International.

Weshalb hast du dich für ein Studium in Deutschland und an der Uni Mannheim interessiert?

Deutschland war für mich im wahrsten Sinne des Wortes sehr naheliegend, wegen des Sprach­diploms und wegen meines Herkunftsortes. Schon während der Schulzeit wusste ich, dass ich BWL studieren möchte. Ich hatte auch schon immer vor, ins Ausland zu gehen, wusste aber anfangs noch nicht genau, wohin. Ich habe mich dann online informiert und danach gesucht, welche Fakultät am besten im deutschsprach­igen Raum ist. So bin ich auf Mannheim gekommen. Auch das verpflichtende Auslands­semester war für mich ein Grund, nach Mannheim zu gehen.

Welche ersten Eindrücke hattest du bei deiner Ankunft in Deutschland? 

Bevor ich die Schule in Tschechien beendet habe, habe ich zwei Sommer in München verbracht. Dort habe ich in einem Biergarten gearbeitet und zusätzlich einen Deutschkurs belegt, um die Sprache noch besser zu beherrschen. Als ich dann für mein Studium hierherkam, wusste ich, dass ich in erster Linie deutsche Freunde finden möchte. Deshalb bin ich keiner Initiative für internationale Studierende beigetreten, sondern wollte möglichst viel Deutsch sprechen. Ich habe stattdessen noch einen Deutschkurs bei Studium Generale belegt, der mir bei der Ankunft sehr geholfen hat. Auch das Studierenden­werk hat mir sehr geholfen, da ich darüber schnell eine Wohnung finden konnte.

Gab es herausfordernde Momente für dich?

Ehrlich gesagt nein, ich bin keiner großen Herausforderung begegnet. Das lag aber besonders daran, dass ich vor meiner Ankunft in Deutschland sehr aufgeregt war und mich deshalb besonders gut vorbereitet habe. Ich habe den neuen Lebens­abschnitt und das Studium sehr ernst genommen und mich beispielsweise frühzeitig auf Klausuren vorbereitet. Deshalb war im Endeffekt alles besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Anfangs hatte ich ein wenig mit dem Imposter-Syndrom zu kämpfen. Das heißt, ich hatte das Gefühl, nicht gut genug zu sein und nicht genug zu wissen. Das liegt daran, dass die Uni viele sehr kluge Studierende hat. Doch mit der Zeit hat sich das gelegt.

Was machst du, wenn du gerade nicht an der Uni bist? 

Parallel zu meinem Studium arbeite ich als Werkstudent. Der Job ermöglicht es mir einerseits, mein Studium zu finanz­ieren, und bereitet mich andererseits gut auf mein späteres Berufsleben vor. Zu Beginn habe bei der BDO-Wirtschafts­prüfungs­gesellschaft im Bereich Accounting und Trans­fer Pricing gearbeitet. Seit Anfang des Jahres arbeite ich an zwei Tagen in der Woche bei der Deutschen Börse in Frankfurt. Dort bin ich im Business Process Management tätig, genauer gesagt unter­stütze ich interne Beratungs­projekte und arbeite eng mit dem CFO-Team zusammen. 

Außerdem ist Tennis in Mannheim zu meinem neuen Hobby geworden. Das Sportangebot hier an der Uni ist super. Ich interessiere mich abgesehen davon aber auch sehr für Geschichte und lese gerne Biografien interessanter Persönlichkeiten. 

Hast du Tipps für ausländische Studierende?

Tipp Nr. 1: Die Sprache lernen! Das hilft enorm, denn ohne Sprach­kenntnisse kann man nur schwer Freunde finden, kommt nicht so gut in der Stadt zurecht und versteht auch nichts in den Vorlesungen, wenn sie auf Deutsch sind. 

Tipp Nr. 2: Gib dir Mühe und wähle nicht den einfach­sten Weg. Damit meine ich, dass man seine Komfortzone verlassen sollte. Zum Beispiel sollte man wenig mit den Leuten aus dem eigenen Land sprechen, sondern mit deutschen Studierenden. Man sollte auch neue Dinge wagen. Ich bin eher introvertiert, bin aber trotzdem zur Erstsemesterwoche gegangen und habe versucht, dort Kontakte zu knüpfen. Gerade die ersten Wochen sind wahnsinnig wichtig, denn mit den Leuten, die ich in der Ersti-Woche kennengelernt habe, bin ich noch immer in Kontakt. Außerdem muss man keine Angst haben, denn alle sind neu an der Uni und wissen noch nicht über alles Bescheid. 

Hast du schon Ideen, was du nach deinem Studium machen möchtest? 

Nach  meinem Studium möchte ich gerne neue Herausforderungen annehmen und mich innerhalb Deutschlands weiter umschauen. Auch wenn ich die Zeit in Mannheim sehr genieße, das Studium macht mir viel Spaß und der Campus ist wunderschön, reizt mich die Vorstellung, in einer neuen Stadt zu leben und zu arbeiten. Besonders interessiert mich der Bereich Management Consulting, da ich dort analytisch arbeiten, mit verschiedenen Branchen in Kontakt kommen und viel unter­wegs sein kann – gerne auch in Deutschland, Tschechien oder der Schweiz. Zunächst möchte ich nach dem Bachelor aber ein Gap Year machen, eventuell in Kombination mit einem Freiwilligendienst oder einem Praktikum. Das wird sich noch zeigen.

Interview: Pascale Tamburini / Juli 2025