Ein Wiedersehen mit ... Bernd Beetz

Als Bernd Beetz 1974 sein BWL-Diplom in den Händen hält, hat er bereits vier Jobangebote. Es verschlägt ihn zu Procter & Gamble und von da aus in die ganze Welt. Nach drei Jahren bei Louis Vuitton Moët Hennessy, wird er 2001 Chef des angeschlagenen US-Kosmetikkonzerns Coty, holt ihn aus der Krise und macht aus ihm einen der erfolgreichsten internationalen Player mit Milliardenumsätzen. Heute ist der 70-jährige BWL-Absolvent Präsident des SV Waldhof. Das Ziel: 2. Bundes­liga.

13. März 2020. An diesem Abend soll die Partie SV Waldhof Mannheim gegen KFC Uerdingen 05 in der 3. Liga stattfinden. Ein paar Tage vorher wird sie als eines der ersten Spiele abgesagt – wegen der Corona-Pandemie. Kein Bernd Beetz im Waldhof-Trikot, der sich in den VIP-Rängen tummelt, kein Torjubel, kein persönliches Gespräch. Wie immer in dieser Zeit muss auf das Telefon ausgewichen werden. Bernd Beetz ist zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz und regelt die Geschicke mit dem SV Waldhof von dort aus. Und auch einem wie ihm geht es nicht anders als all den anderen Menschen im Homeoffice: Die vierjährige Tochter will während des Interviews mit Papa spielen – der fünffache Vater von drei Töchtern und zwei Söhnen bleibt gelassen. Der älteste ist 44 Jahre alt. Mit ihm ist er gerade dabei, den SV Waldhof in die 2. Bundes­liga zu führen.

„Das war von Anfang an das Ziel, als mich vor vier Jahren der SV Waldhof anrief und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, den Verein zu retten“, sagt Bernd Beetz. „Damals war ich mit meinem Vater gerade auf einer Südamerika-Tour und habe, ohne lange darüber nachzudenken, am Telefon einfach zugesagt.“ 2016 wurde Beetz Hauptinvestor des Vereins und die Regionalliga-Mannschaft in eine eigenständige Spielbetriebs­gesellschaft ausgegliedert. Vor zwei Jahren wurde er schließlich zum Präsidenten des SV Waldhof gewählt. Seit Beetz da ist, ist der Verein auf Erfolgskurs.

Was Bernd Beetz anpackt, wird auch etwas. Das hat er in seinem Leben immer wieder bewiesen. Zum Beispiel als er von Louis Vuitton abgeworben wurde, um als Vorstandsvorsitzender dem angeschlagenen US-Parfüm- und Kosmetikkonzern Coty aus der Krise zu verhelfen. „Coty war damals am Ende – praktisch in der Insolvenz, mit einer gebrochenen Unternehmens­kultur“, erinnert sich Beetz. „Das war aber auch der Reiz. Ich konnte von Stunde Null an die Marketing­strategie und die Kultur definieren, das war einmalig.“ Innerhalb kürzester Zeit wurde Coty so zum weltgrößten Hersteller von Düften für den Massen­markt mit einem Umsatz von über fünf Milliarden Euro und Parfümmarken wie Adidas, Calvin Klein und Joop – um nur einige zu nennen. Beetz setzte auf Parfüms von und mit Berühmtheiten wie David Beckham, Beyoncé und Jennifer Lopez und hatte dabei den richtigen Riecher. Beetz vollzog zig Übernahmen, teilweise mehrere in wenigen Wochen.

Auch der neue Spirit unter dem Motto „Faster, Further, Freer“ weckte die Firma aus ihrem Dornröschenschlaf. Noch heute schwärmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dieser Zeit: Schnelle Entscheidungen unter einer starken Einbindung der Teams, dabei möglichst viel Freiheit und Kreativität. „Die neue Unternehmens­kultur war die Basis für den Erfolg. Es hilft nicht, nur auf tolle Marken und ausgeklügelte Marketing­strategien zu setzen. Die Mannschaft muss genauso funktionieren“, sagt Beetz.

Es ist also kein Zufall, dass Bernd Beetz heute die Geschicke einer Fußballmannschaft leitet. Wie in seinen Firmen zeigt er auch hier große Präsenz und ist bei fast allen Heimspielen und in jedem Trainingslager dabei. Der SV Waldhof liegt ihm am Herzen: In Mannheim-Käfertal aufgewachsen, war er schon immer Waldhof-Fan und besuchte mit seinem Vater viele Spiele. Auch für sein BWL-Studium blieb er in seiner Heimatstadt. „Es hat einfach alles zusammen gepasst und ich habe wahnsinnig positive Erinnerungen an diese Zeit – tolle Partys, ein gutes Umfeld und auch eine umfassende humanistische Bildung hat man als BWL-Student in Mannheim erhalten“, sagt er. Vor dem Vordiplom stellte er sich breit auf, belegte nebenbei Fächer wie Geschichte bis er sich im Hauptstudium auf die reine BWL konzentrierte. Schon damals galt seine große Leidenschaft dem Konsumgüter­markt und Marketing. „Das hat mich mein ganzes Leben lang begleitet und mich immer gereizt“, sagt er.

Auch die Zukunft sah für Mannheimer BWL-Studierende damals wie heute rosig aus – er hielt noch gar nicht sein Diplom in den Händen, da hatte Bernd Beetz schon vier Jobangebote. Es verschlug ihn zu Procter & Gamble in Frankfurt – zu Marken wie Ariel, Always und Pampers – und von da aus in die ganze Welt: Für P&G hat er verschiedene Länder­gesellschaften geleitet, zum Beispiel in der Türkei, Italien und der Schweiz und hatte schließlich die Verantwortung für das Kosmetik- und Gesundheitsgeschäft in ganz Europa. Nach 22 Jahren kam der Wechsel zum französischen Luxusmarkenkonzern Louis Vuitton Moët Hennessy, eine neue spannende Zeit begann. Beetz wurde Chef der Luxusmarke Christian Dior und brachte mit dem Parfüm „J’adore“ einen Kassenschlager auf den Markt. Die Umsätze von Christian Dior schnellten um 40 Prozent nach oben, der Gewinn verdoppelte sich.

Der Luxusindustrie ist Beetz bis heute treu geblieben: Seit er als Aufsichtsratsvorsitzender bei Kaufhof erfolgreich dessen Verkauf an die amerikanische Firma Hudson‘s Bay über die Bühne gebracht hat, ist er neben dem Präsidentenamt beim SV Waldhof „nur noch“ selbst Unternehmer. In New York besitzt er eine Kosmetikfirma, in Berlin lässt er Brillen herstellen und in Paris Rucksäcke – alles im Luxussegment. „Ich lebe einen Traum und habe unheimlich viel Glück gehabt, instinktiv meistens die richtige Richtung eingeschlagen zu haben“, sagt er. „Ich hatte immer fantastische Jobs.“ Das habe er auch seinem Studium an der Universität Mannheim zu verdanken. Und gerne kehrt er ab und zu zurück – auf Veranstaltungen von ABSOLVENTUM oder der Mannheim Business School.

Text: Nadine Diehl / September 2020