Der Eisspezialist
Wenn man mit Moritz Jöchl spricht, fröstelt es einen kurzzeitig. Der Spitzensport-Stipendiat weiß genau, was Curling-Eis von Eishockey- oder Eiskunstlauf-Eis unterscheidet – und dass es in Mannheim deshalb nur wenige Trainingsmöglichkeiten gibt. Sofort wird klar: Curling ist eine Wissenschaft für sich.

Moritz Jöchl ist noch relativ neu an der Uni Mannheim. Der 20-Jährige studiert im zweiten Semester den Bachelor BWL und wird seit Beginn vom Spitzensport-Stipendium Metropolregion Rhein-Neckar gefördert – als erster Curler des Programms. Die Sportart betreibt der Österreicher bereits seit seinem elften Lebensjahr. In Sankt Johann in Tirol begeisterte ihn ein Lehrer für den Sport, den er seitdem meist zusammen mit drei ehemaligen Schulkameraden ausübt. Die vier Freunde bestreiten diesen Winter ihre letzte Juniorensaison für den Kitzbühel Curling Club.
Was begeistert Jöchl an seinem Sport? „Curling lebt von der Präzision und ist sehr technisch – und viel anstrengender, als es aussieht!“ Ein Spiel dauert zwei bis zweieinhalb Stunden. Um durchgängig die Konzentration hochzuhalten und nicht von körperlicher Ermüdung abgelenkt zu werden, macht Jöchl viel Krafttraining. Außerdem stellt der österreichische Verband einen Mentaltrainer. Der junge Tiroler ist Mitglied im Junioren- und Mixed-Nationalkader und gewann letztes Jahr sogar Silber bei der Herren-B-Europameisterschaft in Schottland – zwar „nur“ als Ersatzspieler, aber der Sprung in den Herrenbereich ist eins seiner großen Ziele. Ein anderes: Curling bekannter zu machen, denn auch in Österreich ist es eine Randsportart.
Trainingsstunden in Mannheim
Jöchl fällt es nicht schwer, Werbung für seinen Sport zu machen. Wenn er von der Teilnahme an der European Junior Curling Tour berichtet, leuchten seine Augen: Mit seinen Freunden herumzureisen, das Fairplay und die Gemeinschaft unter den Curler*innen seien einfach toll. „Das Highlight war eindeutig Oslo wegen der wunderschönen Landschaft“, sagt Jöchl, „aber wir waren zum Beispiel auch schon in Tschechien und der Türkei“.
Der Zusammenhalt in der Curling-Gemeinschaft zeigt sich auch in Mannheim: Natürlich kann Jöchl nicht regelmäßig zum Eistraining nach Kitzbühel fahren, aber beim Curling Club Mannheim darf er mittrainieren. „Einige der Mannheimer Curler kannte ich schon von Turnieren und sie haben mich mit offenen Armen empfangen“, berichtet der Österreicher. „Leider habe ich es aber noch nicht oft zum Training geschafft, weil ich in den letzten Monaten auf sehr vielen Lehrgängen und bei der Mixed-Weltmeisterschaft war.“
Was verschlägt einen österreichischen Curler nach Mannheim? „Ich bin sehr ambitioniert und Mannheim ist einfach eine Top-Uni für BWL“, sagt Jöchl. „Und das Spitzensport-Stipendium hat natürlich auch einen Ausschlag gegeben.“ Die Unterstützung, die er dort bekommt, helfe ihm sehr, sportliche und akademische Ambitionen unter einen Hut zu bringen.
Jöchl spielt als Second in seinem Team, er spielt meist den dritten und vierten Stein. „Beim Curling gibt es feste Aufgaben, aber die Spieler*innen rotieren. Das heißt, alle müssen alles können.“ Am meisten Spaß macht ihm das Wischen, das nur auf richtigem Curling-Eis den gewünschten Effekt wirklich erzielt, denn nur das Curling-Eis wird Schicht für Schicht einzeln aufgetragen und anschließend mit kleinen Wassertropfen besprüht, die durch das Wischen erwärmt werden und einen Rutschfilm bilden. Wer nun Lust bekommen hat, kann sich im Eissportzentrum Herzogenried dem Curling Club Mannheim anschließen – oder zumindest mal das ganz besondere Eis besichtigen.
Text: Dr. Maartje Koschorreck / April 2025