Ein Bild der Universität Mannheim in einem Pfeil umgeben von weiteren bunten Pfeilen. In der Mtte steht der titel "Start-up Factory - Gründungsgeschichten an der Uni Mannheim".

Virtualbadge.io: Zertifikate mit Zukunft

Erst die Gründung, dann die Idee – dieser Plan mag für viele ein Wagnis sein, doch für Alumnus Malte Zander und seine drei Mitgründer*innen ging er vollkommen auf: Vor fünf Jahren als Digitalagentur gestartet, betreiben sie heute mit Virtualbadge.io die größte deutsche Plattform zur Erstellung digitaler Urkunden und Zertifikate.

März 2020. Vier motivierte Studierende sitzen in einem Mannheimer Notarbüro. Sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: das erste eigene Unter­nehmen gründen. Am Abend stoßen sie in einer Bar auf die Vertrags­unter­zeichnung an und schmieden Pläne für die Zukunft ihres Start-ups. Ein Tag später: Lockdown. Die Corona-Pandemie bremst das Leben in Deutschland für einige Zeit komplett aus. „Rückblickend ist es schon unglaublich, wie viel bei uns 2020 nicht funktioniert hat – aber das haben wir damals gar nicht richtig wahrgenommen“, sagt Malte Zander, und erklärt lachend: „Wir hatten nicht wirklich Ahnung von dem Business und gleich­zeitig sehr viel Motivation.“

Zusammen mit drei Freund*innen hat der 28-Jährige vor fünf Jahren parallel zu seinem Bachelor­abschluss an der Universität Mannheim das Start-up FutureNext GmbH gegründet – eine Digitalagentur für Dienstleistungen im Online-Marketing. „Für uns stand der Wunsch im Fokus, gemeinsam ein Unter­nehmen auf die Beine zu stellen. Das Produkt war erst einmal zweitrangig“, so Zander. Mit der Agentur haben er und seine Co-Founder Giovanna Pergher, Kenny Strubel und Daniel Szymkowiak zunächst diverse Projekte für Kund*innen umgesetzt, beispielsweise ein Fotoshooting für das 50. Jubiläum eines Unter­nehmens. „Es war schon eine chaotische Zeit“, gibt er zu.

Dass die Pandemie neben all ihren Herausforderungen auch eine Ideenlieferantin sein konnte, zeigte sich kurze Zeit später durch einen Zufall: Bei einem Kunden­projekt unter­stützten die vier Jung­unter­nehmer*innen den europaweiten Hackathon #EUvsVirus unter der Schirmherrschaft der Europäischen Kommission. Ziel dieses Programmierwettbewerbs war es, technische, politische und soziale Lösungen rund um die Corona-Krise zu entwickeln. „Nach dem Event kamen wir auf die Idee, den Teilnehmenden, die über ganz Europa verteilt waren, digitale Teilnahmeabzeichen auszustellen“, erinnert sich der Gründer. „Die Abzeichen kamen sehr gut an und wurden vielfach online geteilt. Außerdem meldeten sich mehrere Sponsor*innen mit Interesse an ähnlichen Zertifikaten. Da wussten wir: Das ist es – und so entstand die Geschäfts­idee für Virtualbadge.io.“

Der Weg zum ersten Kunden

Im Sommer 2020 begannen die Gründer*innen damit, an der Software für Virtualbadge.io zu feilen. „Zuerst haben wir wie beim Hackathon nur Teilnahmezertifikate für Veranstaltungen ausgestellt“, erzählt Zander weiter. Parallel dazu boten sie weiterhin Marketing- und Entwicklungs­dienstleistungen an, um Geld zu verdienen. Fast zwei Jahre habe es gedauert, bis die Software markt­fähig entwickelt war und sie erste Umsätze damit erwirtschaft­eten. „Ich erinnere mich noch genau an die erste Kunden­anfrage: Wir saßen zusammen in meiner Küche, als die Benachrichtigung auf dem Smartphone kam. Da sind wir erst einmal vor Freude durch die Wohnung getanzt“, sagt er lächelnd.

Heute ist von diesen Anfängen nicht mehr viel zu spüren: Das Start-up Virtualbadge.io, das Teil der FutureNext GmbH ist, bietet Unter­nehmen und Bildungs­einrichtungen eine Plattform, um digitale Zertifikate, Urkunden sowie Badges zu erstellen, zu verwalten und an die Empfänger*innen zu versenden. Jedes Zertifikat wird dabei mit einem QR-Code versehen, mit dem es verifiziert werden kann. „Wenn eine Urkunde eingescannt und als pdf-Datei gespeichert wird, ist sie nicht mit ihrem Original gleich­zusetzen und außerdem sehr fälschungs­anfällig. Daher werden beispielsweise bei Bewerbungen oft beglaubigte Kopien gefordert“, erklärt der CEO des Start-ups. Seine Plattform erfülle alle Sicherheits­standards, die für digitale Zertifikate notwendig sind.

Je nach Anforderungen können die Kund*innen entweder selbst über das Online-Tool Zertifikate erstellen und versenden oder mit dem Team von Virtualbadge.io in Kontakt treten, um individuelle Lösungen zu erarbeiten. Über 1.000 Kund*innen von der TÜV-Akademie über die SRH und die Deutsche Weiterbildungs­gesellschaft bis zu Unter­nehmen wie Siemens hat das Start-up mittlerweile – und seit Kurzem gehört auch die Universität Mannheim dazu. „Als ich gesehen habe, dass die ersten Master­urkunden meiner ehemaligen Uni bei uns ausgestellt wurden, war das ein großes Highlight für mich“, sagt der Alumnus.

Seine Alma Mater hat Zander sowieso stets im Blick, denn das MAFINEX, in dem sich die Büroräume von Virtualbadge.io befinden, ist nur rund einen Kilometer Luftlinie vom Barockschloss entfernt. Im dritten Stock des Technologiezentrums haben sich die 20 Team­mitglieder des Start-ups breit gemacht: In mehreren Büros verteilt sitzen sie an großen Schreibtischen, daran angrenzend ein Meeting-Raum – „und unsere Abstellkammer, die wir liebevoll Archiv nennen“, präsentiert der Gründer lachend. „Entgegen dem Trend in der Start-up-Branche sind wir selten im Homeoffice. Wir genießen die gemeinsame Zeit im Büro.“

Markt ist „unfassbar groß“

Während seines Bachelor­studiums der BWL von 2016 bis 2020 besuchte Zander zwei Kurse am Mannheim Center for Entrepreneur­ship and Innovation (MCEI) und schrieb seine Bachelor­arbeit in Kooperation mit der Einrichtung. „Aber auch vom Studium selbst profitiere ich heute noch: Ich habe gelernt, Probleme strukturiert anzugehen und meinen Alltag zu organisieren. Das hilft bei der Unter­nehmens­gründung enorm weiter.“

In die Zukunft seiner Branche blickt der 28-Jährige optimistisch: „Papierzertifikate und -zeugnisse werden in ein paar Jahren komplett ausgedient haben. Sie stehen ihren digitalen Alternativen in vielen Punkten nach, denn sie sind unsicher, teurer und bedeuten mehr Aufwand, wenn sie per Post versendet werden.“ Der Markt sei „unfassbar groß“, denn Zertifikate gebe es mittlerweile für fast alles: „Man betrachte nur einmal diesen Tisch“, sagt er und deutet auf seinen Schreibtisch. „Nicht nur ist dessen Produktion nach einem zertifizierten Verfahren abgelaufen, sondern auch die Qualität des Holzes muss bescheinigt werden.“

Gibt es denn auch Konkurrenz auf dem Markt? „Ja“, antwortet Zander grinsend, „aber die belebt ja bekanntlich das Geschäft“. Außerdem sei die Menge und Diversität an weltweiten Zertifizierungen für ein einzelnes Unter­nehmen gar nicht zu stemmen, ergänzt er. „In den USA gibt es einige Mitbewerber*innen, die älter sind als unser Start-up. Hierzulande ist Virtualbadge.io aber derzeit der größte Anbieter – und das möchten wir natürlich gern bleiben.“

Text: Jessica Scholich / April 2025

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Weitere Infos zu Virtualbadge.io gibt es auf der Website des Start-ups.