Spielend forschen: Mannheimer Forscherteam eröffnet Escape Room
Um einen Escape Room zu besuchen, können Studierende und Mitarbeiter der Universität Mannheim seit diesem Semester auf dem Campus bleiben: Im Sommer hat ein Forscherteam dieses Abenteuerspiel, bei dem man als Gruppe ein Rätsel lösen muss, um sich aus einem Raum zu befreien, im Ehrenhof Ost eingerichtet. Es nutzt den Escape Room, um neue wissenschaftliche Methoden zur Erforschung von Kooperation in Teams auszuprobieren.
Eine junge Wissenschaftlerin der Universität Mannheim wird vermisst. Bevor sie verschwand, versteckte sie brisante Dokumente in ihrem Büro, die die Drahtzieher eines internationalen Unternehmensskandals überführen sollen. Um ihr zu helfen, müssen die Spielerinnen und Spieler Schlüssel finden und Codes knacken. In dem Raum steht ein Schreibtisch mit Laptop, ein Regal mit Büchern und eine Ledercouch. Wer nicht genau hinschaut und um die Ecke denkt, ist verloren und benötigt die Hilfe der Spielleiter. Die beobachten von draußen die Teilnehmer über Videokameras und können sich über Walkie-Talkies ins Geschehen einschalten.
Gewöhnliche Spielleiter sind das nicht, sondern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Lehrestühle für Corporate Social Responsibility (CSR), Wirtschaftsinformatik II und Enterprise Systems. „Wir arbeiten in unserer Forschung oft mit Experimenten. Einen eigenen Escape Room zu bauen, war aber auch für uns eine völlig neue Aufgabe“, erklärt Prof. Dr. Laura Marie Edinger-Schons, Inhaberin des CSR-Lehrstuhls. Nun möchten die Forscherinnen und Forscher herausfinden, wie Gruppen zusammenarbeiten, wenn sie unter Zeitdruck improvisieren müssen und wer welche Rollen in der Gruppe übernimmt. „Mikrofone messen die Lautstärke der Stimmen und Kameras zeichnen jede Aktion auf. Außerdem bringen wir gerade Sensoren im Raum an, um zu erfahren, wie sich die Spieler bewegen“, sagt die BWL-Professorin. Auch mit weiteren physiologischen Messmethoden experimentiert das Team bereits. Vor und nach dem Spiel beantworten die Teilnehmer zudem Fragebögen, die gemeinsam mit den Spieldaten weitere Analysen ermöglichen.
Den Raum hat der CSR-Lehrstuhl zusammen mit einem Team der Lehrstühle für Wirtschaftsinformatik II und Enterprise Systems konzipiert. Im Sommer haben sie ihn dann mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden getestet. „Die Probeläufe waren wichtig, um herauszufinden, was es noch zu optimieren gilt. Einige Rätsel waren vom Schwierigkeitsgrad her zum Beispiel zu hoch, sodass manche Gruppen wirklich aufgeschmissen waren“, erläutert Dr. Janick Edinger, der für die beiden Lehrstühle der Wirtschaftsinformatik arbeitet. Geplant ist, im Laufe des Semesters die ersten Runden der Experimente laufen zu lassen und durch Manipulation von Spielfaktoren Varianz in den Ergebnissen zu erzielen. Der Escape Room soll dann auch anderen Nachwuchswissenschaftlern als Labor verfügbar gemacht werden.
„Nicht nur die Spieler haben Spaß, sondern auch wir hinter den Bildschirmen. Die Spannung ist groß, wenn die Spieler kurz davor sind, ein Rätsel zu lösen. Aber auch die Verzweiflung, wenn sie kurz vor der Lösung von der Idee ablassen“, berichtet Dr. Janick Edinger. Die bisherigen Teilnehmer zeigten sich begeistert. Nachdem das letzte Rätsel gelöst und der letzte Schlüssel gefunden wurde, überwiegt bei allen die Freude: Am liebsten möchte man gleich noch einmal spielen.
Text: Luisa Gebhardt / Oktober 2019