Internationale Starthilfe
2.000 Studierende in 16 Jahren: So viele internationale Vollzeitstudierende und studentische Pat*innen hat das Akademische Auslandsamt in ihrem Pat*innenprogramm bisher zusammengebracht. Die Pat*innen helfen den Neuankömmlingen beim Studienstart – und oft beginnen Freundschaften schon am Mannheimer Hauptbahnhof.
Shivam Suchak kommt aus Gujarat in Indien. Er fliegt nach Deutschland, um dort an der Universität Mannheim den Mannheim Master in Data Science zu studieren. Sein Flug landet pünktlich am Frankfurter Flughafen. Er folgt den Schildern zu seinem Gepäck und findet den Weg zum Fernbahnhof. Von dort nimmt er den Zug nach Mannheim. Am Hauptbahnhof angekommen, muss er nun herausfinden, wie er zu seiner Unterkunft kommt.
So oder so ähnlich wie Suchak erleben jährlich circa 400 internationale Vollzeitstudierende ihre Ankunft in Mannheim. Um ihnen den Start in der fremden Stadt zu erleichtern, hat das Akademische Auslandsamt (AAA) der Universität Mannheim 2008 das Pat*innenprogramm für internationale Vollzeitstudierende ins Leben gerufen. „Die Info zu dem Programm hatte ich überlesen und stand daher am Anfang in Mannheim allein da“, sagt der 23-jährige Suchak.
Ein einfacherer Start
Rückblickend sagt er: „Es klappt schon alles, ist aber nicht einfach: Du kannst nicht so gut Deutsch, musst einen Weg nach Mannheim finden, ein gültiges Visum haben, vor der Ankunft in der Stadt schon eine Wohnung organisieren und dich dann dort bei einer Behörde anmelden.“ Als er später gefragt wird, ob er selbst als Pate internationale Studierende unterstützen möchte, sagt er daher sofort zu. „Es ist toll, wenn ich anderen Internationals mit meinen Erfahrungen helfen kann, einen leichteren Start in Mannheim zu haben“, sagt Suchak. Er füllt ein Formular des AAA aus, gibt an, wo er herkommt, was er studiert und welche Sprachen er spricht. Auf Basis seiner Antworten vermittelt ihm das AAA sein erstes „Patenkind“.
Inzwischen studiert der 23-Jährige im vierten Semester und betreut als Pate mehrere Internationals. Einer davon ist Minghao Lei aus Wuhan in China, der im zweiten Semester seinen Master in Wirtschaftsinformatik absolviert. Schon vor seiner Ankunft haben er und Suchak per E-Mail Kontakt aufgenommen. Lei war vorher noch nie in Europa oder allein im Ausland. „Durch das Programm hatte ich Hilfe bei Visa-Fragen und der Wohnungssuche, das war super. Und es war eine gute Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen“, sagt der 26-jährige Lei. Ein weiterer Pluspunkt: Sein Pate ist Gründer der Studierendeninitiative Google Developer Student Club (GDSC), bei der nun auch Lei Mitglied ist.
In der Initiative gehen sie gemeinsam ihrer Leidenschaft für Technologien und technologische Innovationen nach. „Ich mache meinen Master in Mannheim wegen der technischen Ausrichtung des Studiums. Im GDSC kann ich meine Fähigkeiten noch vertiefen, daher bin ich dort sehr aktiv. Aber auch, weil ich viele Leute kennenlerne, die etwas anderes studieren – und weil wir hauptsächlich Englisch sprechen“, sagt Lei lachend. Er lerne Deutsch, aber es sei eben nicht so einfach. Neben der Initiative sehen er und sein Pate sich auch im Studium: Trotz der unterschiedlichen Studiengänge haben sie gemeinsame Veranstaltungen.
Neues Programm geplant
Nicht nur internationale Studierende wie Suchak können Pat*in werden, das Programm steht allen Studierenden offen. Pro Jahr finden sich im Durchschnitt 100 Pat*innen und „Pat*innenkinder“. „Wir bekommen durchweg sehr positives Feedback zu unserem Programm und hören auch immer wieder, dass die Studierenden teils nach Jahren noch Kontakt haben und gute Freund*innen geworden sind“, sagt Solrun Graham-Parker vom AAA, die dort für den Studienerfolg der internationalen Vollzeitstudierenden und das Programm „Made in Mannheim – FIT for Studies“ zuständig ist.
Das Programm ist Teil des im April bewilligten Projekts „Made in Mannheim – FIT for Studies and Career“, das der Deutsche Akademische Austauschdienst in den nächsten vier Jahren mit 800.000 Euro fördert. Mit einem Teil des Geldes bauen Graham-Parker und ihre Kolleg*innen das bereits bestehende internationale Pat*innenprogramm aus: Ab dem Herbst-/Wintersemester 2024 werden im „Study Peers Program“ die Studierenden in Vorbereitungstreffen intensiv auf ihre Aufgabe vorbereitet. Darüber hinaus können alle an einem interkulturellen Training teilnehmen und die betreuenden Studierenden erhalten ein Zertifikat für ihr Engagement.
Ein Vorbereitungstreffen benötigt Suchak als erfahrener Pate nicht mehr: Inzwischen ist er nicht nur offiziell über das Pat*innenprogramm aktiv, sondern wird auch privat von Freund*innen um Unterstützung gebeten. Außerdem nutzt er seine Initiative als Multiplikator: „Kommt der Aufruf vom AAA für neue Pat*innen, spreche ich auch Mitglieder der Initiative an, ob sie sich engagieren möchten“, sagt er. Auch Lei kann sich vorstellen, für neue Studierende in Mannheim da zu sein: „Ich helfe gern anderen Menschen und ich habe durch das Programm so viele neue Leute kennengelernt, das möchte ich gern weitergeben“, sagt er.
Sie möchten auch Local Study Peer werden? Weitere Informationen finden sie auf unserer Webseite zum Study Peers Programm.
Text: Luisa Gebhardt / August 2024
Die Interviews für die Artikel dieser Rubrik haben im Mai und Juni 2024 stattgefunden. Daher ist es möglich, dass Ämter in der Zeit zwischen Redaktionsschluss und Druck des Magazins neu besetzt worden sind oder Angaben nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen.