Scheinwerfer lassen die hellgelben Mauern des Mannheimer Schlosses bunt erstrahlen. Blaue, rote und grüne Farbtöne wechseln sich ab, immer wieder hüllt die Nebelmaschine sie in Schleier. 3.000 Menschen feiern ausgelassen. Der DJ spielt „Everybody“ von den Backstreet Boys, dann „Roller“ von Apache 207. Je näher man den Lautsprechern kommt, desto mehr beginnt der Körper, vom Bass der Musik zu vibrieren.
Wer donnerstagabends den Schneckenhof der Universität Mannheim betritt, trifft auf dieses unerwartete Bild. Denn wo mittags noch Studierende und Mitarbeitende der Universität ein- und ausgehen, versammeln sich ab 21 Uhr Feierbegeisterte, um Prüfungsstress oder Alltagssorgen für ein paar Stunden zu vergessen. Und das mehrfach pro Semester – dank des Engagements Mannheimer Studierender.
„Die Organisation der Schneckenhofpartys ist eine der wertvollsten Erfahrungen meiner Studienzeit“, schwärmt Finn Argent, der gemeinsam mit Emma Potocnik den Vorsitz des Fetengremiums bei der Verfassten Studierendenschaft (VS) der Universität Mannheim inne hat. Seit 2019 widmet der Student des Masters Kultur und Wirtschaft: Philosophie und BWL einen Teil seiner Freizeit den beliebten Studierendenpartys – zunächst als Delegierter seiner Fachschaft und nun als Leiter des Gremiums.
VWL-Studentin Potocnik, seit zweieinhalb Jahren Teil des Fetengremiums, erklärt dessen Aufbau: „Darin sitzen neben uns zwei Personen des AStA sowie jeweils zwei Delegierte aller zehn Fachschaften. Jede Fachschaft organisiert eine Party pro Semester, manchmal schließen sich aber auch zwei zusammen.“ Während der Vorlesungszeit finden im Mannheimer Schneckenhof – neben weiteren Events – in der Regel sieben Partys statt, die von Studierenden veranstaltet werden. Willkommen sind dort alle, die Lust zum Feiern haben, auch wenn sie nicht an der Universität Mannheim studieren.
Motto, Tickets und DJ-Suche
Unterstützung erhalten die Fachschaften von Christian Weisenburger, zuständig für die Fetenorganisation bei der Service und Marketing GmbH. Seit Anfang der 2000er Jahre kümmert sich die Tochtergesellschaft der Universität um die Schneckenhofpartys. „Wir stellen hauptsächlich den organisatorischen Rahmen. Dazu gehören neben der Vermietung der Location an sich zum Beispiel die Toilettenwägen, Theken oder die Kommunikation mit der Stadt Mannheim“, erläutert er. Außerdem ist Weisenburger selbst bei jeder Party als Ansprechpartner für die Studierenden vor Ort.
Als Vorsitzende des Fetengremiums sind Potocnik und Argent beispielsweise für Verträge mit externen Dienstleister*innen zuständig, die für alle Veranstaltungen gelten. Aufgabe der Fachschaften ist die inhaltliche Ausgestaltung der eigenen „Höfe“, wie sie gern genannt werden. „Das reicht von der Suche nach einem Partymotto über Marketing, Dekoration sowie Design von Tickets und Plakaten bis zur Buchung eines passenden DJs“, zählt Potocnik auf. Dazu komme die Bestellung von Getränken sowie die Suche nach ehrenamtlichen Helfer*innen aus den jeweiligen Fachschaften. „Es sind viele kleine Puzzlestücke, aus denen am Ende eine große Veranstaltung entsteht“, ergänzt Argent. „Wir schnuppern dabei intensiv in die Welt des Eventmanagements hinein.“
Dass das auch mal herausfordernd sein kann, haben die beiden selbst erlebt. „Der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Sowohl in der Vorbereitung, die bereits zwei bis drei Monate vor jeder Party beginnt, als auch am Abend selbst. Teilweise sind wir wegen des Abbaus noch bis 6 Uhr morgens auf den Beinen“, erinnert sich Potocnik und lacht. „Nebenbei studieren wir ja auch noch ein bisschen.“ Aber: „Es ist ein wunderschönes Gefühl, wenn am Ende alles geklappt hat. Ein Blick von der Bühne in die feiernde Menge reicht, um zu wissen: Genau dafür nehmen wir die Arbeit in Kauf“, erzählt Argent grinsend.
Norwegerfete als Ursprung
Die Schneckenhofpartys haben eine lange Tradition an der Universität. Begonnen hat alles 1971 mit der ersten Norwegerfete, die schon damals studentisch organisiert war. Die „Allianz norwegischer Studenten im Ausland“ – zu dieser Zeit bildeten Norweger*innen die größte Gruppe an internationalen Studierenden in Mannheim – rief eine Party-Reihe ins Leben, die noch immer Kultstatus genießt: Bis heute hüllt sich der Schneckenhof einmal im Jahr in sein rot-blau-weißes Gewand, wenn die traditionelle Norwegerfete auf dem Programm steht.
Und was macht diese Partys so „anders“ als alle anderen? „Die Location ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal. Generell gibt es nicht viele Open-Air-Partys mitten in Mannheim“, so Argent. „Wir bekommen oft das Feedback von Externen, dass die Partys sehr professionell sind, obwohl sie ehrenamtlich von Studierenden organisiert werden.“ Dies sei ebenfalls eine Seltenheit, betont Weisenburger: „Ich weiß von keiner anderen Uni in Deutschland, an der Studierende in diesem Ausmaß regelmäßig Feiern organisieren.“
Bleibt nur noch eine Frage zu klären: Woher stammt eigentlich der Name „Schneckenhof“? „Dazu gibt es viele Geschichten, aber die Antwort ist ganz simpel“, erklärt der Eventmanager lachend. „In den vier Ecken des Hofes befinden sich Türme mit Wendeltreppen. Blickt man von oben herunter, sehen sie aus wie eine Schnecke.“
Text: Jessica Scholich / August 2024
Die Interviews für die Artikel dieser Rubrik haben im Mai und Juni 2024 stattgefunden. Daher ist es möglich, dass Ämter in der Zeit zwischen Redaktionsschluss und Druck des Magazins neu besetzt worden sind oder Angaben nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen.