Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

GBP-Monitor Juli: Erwartungen von Unter­nehmen und Steuerpolitik der Regierung klaffen auseinander

Die Bundes­regierung hat vergangene Woche ein Gesetzespaket angekündigt, das jährlich sechs Milliarden Euro Entlastung für Unter­nehmen bringen soll. Die Steuersätze auf Unter­nehmens­gewinne sollen demnach unangetastet bleiben. Der Juli-Bericht des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim zeigt, dass die Steuerpolitik der Regierung und die Erwartungen von Unter­nehmen nicht miteinander im Einklang stehen.

Pressemitteilung vom 17. Juli 2023
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Die Steuerlage der Unter­nehmen ist auch in den krisenbehafteten vergangenen drei Jahren stabil geblieben – und soll gemäß der neuen Reformvorhaben des Finanz­ministers so bleiben. Dennoch führt die an sich stabilisierende Steuerpolitik zu Unsicherheit bei den Unter­nehmen. Denn die Erwartungen, die sie an die Politik hegen, sind, wie der Juli-Bericht des GBP zeigt, ganz andere. Demnach rechneten Unter­nehmen zu Beginn der Corona-Krise kurzfristig mit Steuersatzkürzungen, mittelfristig dagegen mit deutlichen Steuersatzerhöhungen. Auch eine kurzfristige Erhöhung der Kapitalertragssteuer (um 0,4 Prozent) und der Sozial­versicherungs­beiträge (um 0,3 Prozent) wurden erwartet.

„Unsicherheit über mögliche Steueranpassungen kann sich negativ auf unter­nehmerische Handlungen auswirken und beispielsweise die Verschiebung von Investitionen zur Folge haben“, erklärt Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar, der die Studie durchgeführt hat. „Eine klare Kommunikation der langfristigen steuerpolitischen Strategie ist essenziell, damit Unter­nehmen ihre Ziele erreichen“, so Rostam-Afschar weiter.

Der Juli-Bericht unter­sucht ferner, welche Faktoren Steuererwartungen beeinflussen. So wirken sich beispielsweise Konjunktur- sowie Gewinnprognosen auf die unter­nehmerischen Steuererwartungen aus: Rechnet ein Unter­nehmen mit einer positiven konjunkturellen Entwicklung, werden mittelfristig höhere Steuersätze erwartet als bei Unter­nehmen, die ein geringeres BIP prognostizieren. Auch Unter­nehmen, die höhere Gewinne erwarten, gehen von Steuersatzerhöhungen aus.

Klarer Zuspruch für Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Neben den Steuererwartungen von Unter­nehmen hat das GBP im Juli ebenfalls erfasst, welche Wünsche diese hinsichtlich steuerlicher Änderungen haben. Eine sehr deutliche Über­einstimmung gab es bei der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags (5,5 Prozent). Darüber hinaus wünschen sich Unter­nehmen insbesondere eine Senkung der Körperschaft-, der Einkommen- und der Gewerbesteuer.

„Die gewünschten Steuersätze sagen aber auch etwas über die Risikoneigung von Unter­nehmens­entscheidern aus“, stellt Rostam-Afschar fest. „Unter­nehmer, die sich selbst als risikofreudiger einschätzen, wünschen sich tendenziell niedrigere Steuersätze“, fasst der Studien­leiter zusammen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass risikofreudige Manager im Erfolgsfall mit entsprechend niedrigeren Steuern entschädigt werden wollen – aber umgekehrt auch bereit sind, Misserfolge hinzunehmen.

Der Bericht zeigt zudem, dass entgegen des zu Jahresbeginn verzeichneten Aufwärtstrends die Gewinnveränderung seit drei Monaten gleich­bleibend auf Stagnations­kurs liegt (plus 0,16 Prozent im Vergleich zum Vormonat). Trotz der stagnierenden Gewinnerwartungen entspannt sich hingegen das aktuelle Markt­umfeld: Die durchschnittliche erwartete Schließungs­rate sinkt im Vergleich zum Mai um 1,38 Prozentpunkte.

Den „GBP-Monitor: Unter­nehmens­trends im Juli 2023“ finden Sie hier:  https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2023/07/gbp_monitor_2023_07.pdf

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unter­nehmen zur Unter­nehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unter­nehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Schließungs­rate in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Trans­parency“ (
www.accounting-for-trans­parency.de). Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main, WHU – Otto Beisheim School of Management und der Universität zu Köln. Die Forscherinnen und Forscher unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 18 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afscharmail-uni-mannheim.de


Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de