Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

Stimmungs­umschwung in der Wirtschaft: US-Zölle bremsen Hoffnungen auf Aufschwung

GBP-Monitor zeigt: Betroffene Branchen investieren weniger, wenn globale Handels­barrieren steigen – trotz wirtschafts­freundlicher Koalitions­pläne

Pressemitteilung vom 16. April 2025
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Der neueste Bericht des German Business Panel (GBP) zeigt ein widersprüchliches Bild der deutschen Wirtschafts­lage: Während der von CDU/CSU und SPD vorgestellte Koalitions­vertrag bei vielen Unter­nehmen für vorsichtigen Optimismus sorgt, belasten die Anfang April angekündigten US-Zölle die Geschäfts­erwartungen spürbar – insbesondere in exportstarken Branchen.

Seit dem Bruch der Regierungs­koalition im November 2024 verzeichnen Unter­nehmen in Deutschland einen kontinuierlichen Rückgang erwarteter Geschäfts­aufgaben: Der Anteil der Unter­nehmen, die mit einer Fortsetzung ihrer Geschäfts­tätigkeit in den nächsten zwölf Monaten rechnen, stieg von 82,1 Prozent im Oktober 2024 auf 87,0 Prozent im März 2025. Hintergrund ist der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitions­vertrag zwischen CDU/CSU und SPD, der einige wirtschafts­politische Anreize enthält. Vorgesehen sind unter anderem Sofortabschreibungen für Investitionen, eine schrittweise Absenkung der Körperschafts­teuer sowie ein industrieller Strompreis für energieintensive Betriebe. Im unmittelbaren Vorfeld der Koalitions­vereinbarung stiegen die prognostizierten Umsätze (+1,2 Prozentpunkte), Gewinne (+1,9) sowie Investitionen (+3,1) deutlich an.

Doch dieser Aufwärtstrend ist fragil. Nahezu zeitgleich kündigte die US-Regierung unter Präsident Trump neue Zollmaßnahmen gegenüber der EU an, unter anderem auf Maschinenbauprodukte, Kfz-Zulieferteile und IT-Komponenten. Zwar wurde zwischenzeitlich eine 90-tägige Zollpause angekündigt, doch die Unsicherheit bleibt bestehen. Bereits in den ersten Tagen nach der Ankündigung sank die Quote der Betriebe, die kurzfristig mit einer Fortführung ihrer Geschäfts­tätigkeit rechnen, wieder auf 85,1 Prozent. Gleich­zeitig fielen die Erwartungen für Umsatz und Gewinn um jeweils 1,2 Prozentpunkte.

Besonders betroffen sind exportabhängige Sektoren: Im verarbeitenden Gewerbe sanken die Investitions­erwartungen um 9,5 Prozentpunkte, im Handel um rund 3 Punkte. Dagegen verzeichneten weniger export­orientierte Branchen – etwa das Baugewerbe oder das Wohnungs­wesen – steigende Investitions­absichten. Diese könnten demnach stärker von den wachstumsfördernden Maßnahmen der zukünftigen Bundes­regierung, wie dem geplanten Infrastruktur­projekt, profitieren. „Insbesondere in Branchen, die von Exporten in die USA abhängig sind, sind Unter­nehmen gezwungen, Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder ihre Produktion zu verlagern,“ so Thomas Simon, wissenschaft­licher Mitarbeiter an der Universität Mannheim und Mitverfasser der Studie.

Maik Sattelmaier, ebenfalls wissenschaft­licher Mitarbeiter an der Universität Mannheim und Mitautor erläutert: „Unsere Daten zeigen deutlich: Globale Handels­konflikte können einen wirtschaft­lichen Aufwärtstrend rasch bremsen. Damit erhöhen sich nicht nur die Preise für Produkte aus Deutschland im US-Markt, sondern auch Preise für importierte Vorprodukte und der bürokratische Aufwand der Verzollung.“

Auch bei den erwarteten Betriebs­kosten zeigt sich die Unsicherheit der Unter­nehmen: Nach der Bundestagswahl gingen viele Firmen noch von einer Entlastung aus – insbesondere bei den Energiekosten (-1,1 Prozentpunkte). Die Zollankündigungen führten jedoch zu einem Anstieg der Materialkosten (+2,7 Prozentpunkte), der Verwaltungs­kosten (+2,9) und auch der Energiekostenprognosen (+1,9).

Die Belastungen treffen insbesondere export­orientierte Unter­nehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Handel. Diese rechnen mit steigenden Beschaffungs­kosten, unsicheren Lieferketten und erhöhter Bürokratie. „Als Folge des Zollkonflikts müssten viele Unter­nehmen ihre Preise erhöhen, beispielsweise für IT-Hardware- und Softwareprodukte. Das schmälert wiederum den Umsatz und die Wachstumsaussichten für Deutschland insgesamt,“ so Studien­leiter Prof. Dr. Rostam-Afschar. Er fasst zusammen: „Trotz positiver Signale aus Berlin bleibt die Politik in der Pflicht, den globalen Unsicherheiten wirksam zu begegnen – sowohl durch kurzfristige Unter­stützung für besonders betroffene Branchen als auch durch eine strategische Erschließung neuer Absatzmärkte.“

Den „GBP-Monitor: Unter­nehmens­trends im April 2025“ finden Sie hier:  https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2025/04/gbp_monitor_Apr25.pdf

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unter­nehmen zur Unter­nehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unter­nehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Schließungs­rate in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird alle drei Monate zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Trans­parency“ (www.accounting-for-trans­parency.de). Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019. Im Mai 2023 beschloss die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG), den SFB um zunächst weitere vier Jahre zu verlängern. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind über 100 Wissenschaft­ler*innen von acht Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forschende von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Frankfurt School of Finance & Management, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover. Die Forschenden unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 18 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afscharmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de