Ein Bild der Universität Mannheim in einem Pfeil umgeben von weiteren bunten Pfeilen. In der Mtte steht der titel "Start-up Factory - Gründungsgeschichten an der Uni Mannheim".

Drei Fragen an …

Entrepreneur­ship spielt nicht nur in der freien Wirtschaft, sondern auch in der Forschung eine große Rolle. Die Wissenschaft­ler*innen des Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) an der Universität Mannheim konzentrieren sich in diesem Forschungs­schwerpunkt auf drei Aspekte: die Gründer*innen selbst als Personen, ihre unter­nehmerischen Vorhaben sowie das Umfeld, in dem diese Vorhaben eingebettet sind. Wir stellen drei aktuelle Forschungs­projekte des ifm vor.

Erika Ni

Funktion: Doktorandin und Wissenschaft­liche Mitarbeiterin

Titel des Forschungs­projekts: A Qualitative Investigation of Entrepreneurs‘ Coping with Adversity

1. Worum geht es in Ihrem Forschungs­projekt?

Ich unter­suche, wie Gründer*innen mit den emotionalen Herausforderungen einer Gründung umgehen. Dazu gehören schwierige Finanzierungs­runden, Unsicherheit über den Markt­erfolg einer Idee oder die Verantwortung für das Wohlergehen des Teams – alles Faktoren, die emotional belastend sein können. Ich analysiere, welche Strategien Gründer*innen nutzen, um solche Situationen zu bewältigen. Dabei betrachte ich insbesondere, welche Faktoren den Einsatz verschiedener Coping-Strategien beeinflussen.

2. Weshalb ist dieses Thema relevant?

Eine Start-up-Gründung wird oft als Held*innengeschichte dargestellt, aber die Realität sieht meist anders aus. Viele Gründer*innen erleben großen Druck, der sich negativ auf ihre mentale Gesundheit und ihren Erfolg auswirken kann. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Start-ups für die Wirtschaft ist es wichtig zu verstehen, wie Gründer*innen langfristig durchhalten und gleich­zeitig gesund bleiben können. Dieses Wissen kann nicht nur Gründer*innen selbst helfen, sondern auch Beratungs­angebote und Programme für diese verbessern.

3. Welche Er­kenntnisse haben Sie bisher gewonnen?

Erste Ergebnisse zeigen, dass Gründer*innen auf unter­schiedliche Arten reagieren: Manche versuchen, jede Herausforderung durch härteres und längeres Arbeiten zu lösen, was jedoch nur begrenzt nachhaltig ist. Andere schaffen es, Abstand zu gewinnen, Probleme strategisch anzugehen und gesündere Coping-Strategien anzuwenden. Besonders hilfreich ist der Austausch mit anderen Gründer*innen, da dies hilft, Rückschläge zu normalisieren und neue Perspektiven zu entwickeln. Ich hoffe, mit meiner Forschung dazu beizutragen, gesunde und effektive Herangehensweisen zu entwickeln, um mit den Höhen und Tiefen einer Start-up-Gründung umzugehen.

Dr. Bettina Müller und Dr. Christoph Sajons

Funktionen: Wissenschaft­liche Mitarbeiterin und Forschungs­bereichs­leiter „Arbeits­markt“

Titel des Forschungs­projekts: Resilience of SMEs and Public Support Measures in Times of Crises – The Case of Ukraine

1. Worum geht es in Ihrem Forschungs­projekt?

In dem Projekt unter­suchen wir ein Unter­stützungs­programm für kleine und mittlere Unter­nehmen in der Ukraine, die vom russischen Angriffskrieg betroffen sind. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Wirkung von Mikrozuschüssen von bis zu 4.000 Euro an Kleinst­unter­nehmen mit bis zu neun Beschäftigten. Wir wollen wissen, ob die Vergabe der Zuschüsse zügig und kostengünstig erfolgt ist und inwieweit die Zuschüsse den Empfänger­unter­nehmen tatsächlich genutzt haben.

2. Weshalb ist dieses Thema relevant?

Der russische Angriff auf die gesamte Ukraine seit Februar 2022 hat die ukrainische Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen. Selbständige und kleine Unter­nehmen sind davon in vielfältiger Weise betroffen. Deutschland, die EU und andere Länder weltweit versuchen, mit Hilfs­programmen ukrainische Unter­nehmen zu unter­stützen, um die wirtschaft­liche Widerstands­fähigkeit des Landes zu stärken und die Grundlagen für einen späteren Wiederaufbau zu legen. Da die Fördergelder begrenzt sind, ist es wichtig, sich anzuschauen, ob sie klug ausgegeben werden und eine möglichst große Wirkung pro eingesetztem Euro erzielen.

3. Welche Er­kenntnisse haben Sie bisher gewonnen?

Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Unter­stützungs­programm im Großen und Ganzen gut implementiert wurde. Lediglich der Vergabeprozess sollte beschleunigt werden. Außerdem sehen wir, dass das Programm dazu beigetragen hat, dass Kleinst­unter­nehmen trotz widriger Umstände ihre Geschäfts­tätigkeit aufrechterhalten können. Wir können allerdings noch nichts darüber sagen, ob dieser Weg der effektivste ist, um die ukrainische Wirtschaft zu unter­stützen.

Carina Hartmann und Dr. Christoph Sajons

Funktionen: Wissenschaft­liche Mitarbeiterin und Forschungs­bereichs­leiter „Arbeits­markt“

Titel des Forschungs­projekts: Boost or penalty? Die Aus­wirkungen von unter­nehmerischen Erfahrungen auf den zukünftigen Karriereverlauf von Zugewanderten

1. Worum geht es in Ihrem Forschungs­projekt?

Wir unter­suchen, wie sich Arbeits­erfahrungen als Unter­nehmer*innen und Selbständige in Deutschland auf die zukünftigen Beschäftigungs­chancen von Migrant*innen auswirken. Dafür haben wir in einem deutschland­weiten Feldexperiment insgesamt 1.160 fiktive Bewerbungen von Zugewanderten versendet und dabei variiert, ob sie davor selbständig, abhängig beschäftigt oder arbeits­los waren. Anhand der Rückmeldungen haben wir gemessen, wie die potenziellen Arbeitgeber*innen auf die verschiedenen Bewerbungs­profile reagieren.

2. Weshalb ist dieses Thema relevant?

Die berufliche Selbständigkeit spielt für Zugewanderte eine wichtige Rolle bei der Integration in den Arbeits­markt, da sie es ermöglichen kann, bestimmte systematische Hürden wie die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zu umgehen. Allerdings werden die meisten Start-ups nach einiger Zeit auch wieder verkauft oder aufgegeben. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie unter­nehmerische Erfahrungen bei Bewerbungen um eine abhängige Beschäftigung wahrgenommen werden.

3. Welche Er­kenntnisse haben Sie bisher gewonnen?

Unsere Ergebnisse zeigen, dass Selbständigkeits­erfahrungen in Bewerbungen von Zugewanderten nicht so „bestraft“ werden, wie es die Forschung bisher für andere ehemalige Unter­nehmer*innen festgestellt hat. Im Gegenteil sind ehemalige migranti­sche Unter­nehmer*innen sogar signifikant erfolgreicher als Zugewanderte, die zuvor im gleichen Zeitraum arbeits­los waren. Das zeigt, dass Menschen mit Migrations­erfahrungen nach der Beendigung ihrer Selbständigkeit nicht am Ende ihrer Karriere­möglichkeiten angekommen sind, sondern unter­nehmerische Erfahrungen wertvoll zu einer künftigen abhängigen Beschäftigung und sozialer Mobilität beitragen können.

Redaktion: Jessica Scholich / April 2025