Ein Kompetenzzentrum für Start-ups
Ob Vorträge, Workshops, Erstberatung oder die Vermittlung von Kontakten – die Universität Mannheim bietet eine Vielzahl von Angeboten für Gründungsinteressierte und Start-ups. All diese Aktivitäten bündeln sich im Mannheim Center for Entrepreneurship and Innovation (MCEI). Im Interview sprechen Prof. Dr. Michael Woywode, Inhaber des Lehrstuhls für Mittelstandsforschung und Entrepreneurship sowie akademischer Leiter des MCEI, und Dr. Nora Zybura, Ansprechpartnerin für Gründungsunterstützung am MCEI, über das Start-up-Ökosystem an der Uni Mannheim und verraten, welche Voraussetzungen Gründungsinteressierte mitbringen sollten.

FORUM: Die Universität Mannheim beschäftigt sich bereits über 15 Jahre mit den Themen Gründung und Start-ups. Seit 2013 laufen alle Aktivitäten am MCEI zusammen. Was war der Anlass für die Gründung des Zentrums?
Michael Woywode: Das Thema Entrepreneurship hat in diesem Zeitraum eine immer größere Bedeutung in der deutschen Hochschullandschaft gewonnen. Parallel dazu rief die Bundesregierung im Jahr 2012 Hochschulen zur Teilnahme am Wettbewerb „EXIST-Gründerhochschule“ auf. Im Zuge der Wettbewerbsvorbereitung wurde das MCEI gegründet. Bis heute dient es als virtuelles Kompetenzzentrum, in dem alle Start-up-Angebote und -Aktivitäten der Universität gebündelt, miteinander vernetzt und zur Verfügung gestellt werden.
Nora Zybura: Die Uni Mannheim hat frühzeitig erkannt, wie wichtig die Themen Entrepreneurship und Ausgründungen aus der Wissenschaft für unsere Studierenden, aber auch für die regionale und überregionale Wirtschaft sind. Das MCEI gehörte damals deutschlandweit zu den ersten universitären Einrichtungen, die über ein komplett englischsprachiges curriculares und außercurriculares Angebot im Bereich Unternehmertum und Gründungen verfügten.
FORUM: Welche Ziele verfolgt das MCEI seitdem?
Woywode: Wir möchten vor allem die Gründungsbegeisterung unter den Studierenden wecken und sie dabei unterstützen, während ihres Studiums oder nach dem Abschluss ein Unternehmen zu gründen, das möglichst erfolgreich ist. Es besuchen aber auch viele Studierende unsere Veranstaltungen, die nicht unbedingt selbst gründen, sondern später in einem Start-up, in der Wagniskapitalbranche oder auf Konzernebene im Bereich Corporate Innovation arbeiten möchten.
FORUM: Sie sind die Koordinationsstelle für alle Start-up-Angelegenheiten an der Universität. Was gehört zu Ihren Aufgaben?
Woywode: Für Studierende und Gründungsinteressierte veranstalten wir zum einen regelmäßig Founder Talks mit Gründer*innen oder Start-up-Lounges mit vorrangig frühphasigen Start-ups, um sie für diese Karriereperspektive zu sensibilisieren und sie zu motivieren, ihre eigenen Gründungsideen umzusetzen. Wir beraten sie auch bei der Beantragung von EXIST-Gründerstipendien und helfen ihnen, ihr Geschäftsmodell zu schärfen. Zum anderen steht die Lehre im Fokus: Es gibt curriculare und außercurriculare Veranstaltungen für Bachelor- und Masterstudierende aller Fakultäten.
Zybura: Wir wollen den Studierenden die Möglichkeit bieten, sich auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Wenn sie bereits während des Studiums gründen möchten, können sie dies zum Beispiel in unseren Kursen abbilden und sich regelmäßig Feedback einholen. Auch können sie die Masterarbeit über ihr eigenes Start-up oder über eine aktuelle Problemstellung in einem Start-up schreiben.
Woywode: Zudem gehört die generelle Unterstützung von Start-ups zu unseren Aufgaben, sei es durch Erstberatung für angehende Gründer*innen, inhaltlichen Input zur Schärfung der Gründungsidee oder die Vermittlung von Finanzierungshilfen und Kontakten in die Wirtschaft. Wir möchten ein guter Ansprechpartner für unser gesamtes Netzwerk sein.
FORUM: Wer ist Teil dieses Netzwerks?
Zybura: Zu den universitätsinternen Kooperationspartner*innen des MCEI zählen mehrere Lehrstühle und Forschungsinstitute, ENGAGE.EU, das Verbundprojekt TransforMA und auch Studierendeninitiativen wie Enactus, thinc! und Q-Summit. Außerhalb der Universität arbeiten wir eng mit der Stadt Mannheim, NEXT MANNHEIM und Gründungszentren wie dem MAFINEX zusammen. Natürlich gibt es auch Projekte zur Gründungsförderung mit anderen Hochschulen. So sind wir Teil des DeepTechHub, an dem auch die Universität Heidelberg, das KIT sowie die Hochschulen Mannheim und Karlsruhe beteiligt sind. Zudem gibt es themenspezifische Unterstützungsangebote wie die KI-Garage oder die Gründerinnen Akademie.
FORUM: In den vergangenen Jahren hat sich nicht nur das MCEI, sondern die gesamte Start-up-Welt weiterentwickelt – welche Veränderungen nehmen Sie bei den Studierenden wahr?
Woywode: Ihr Interesse am Thema Entrepreneurship ist insgesamt stark gestiegen, was wir auch an den wachsenden Mitgliederzahlen der studentischen Start-up-Initiativen sehen. Unsere Studierenden haben heute einen differenzierteren Blick auf Entrepreneurship als früher. Ein Trend geht in Richtung nachhaltige Gründungen wie bei Elona Health, Vee Collective oder Everphone. Nach dem Internet- und E-Commerce-Boom, den viele Mannheimer Gründer*innen genutzt haben, um ihre Unternehmen aufzubauen – wie Auto1.com, McMakler, Amorelie und Stocard –, sind es heute neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Business Analytics oder auch neue Produktionsverfahren, welche die technologische Basis für Gründungen bilden. Die Mannheimer Absolvent*innen gründen nun häufiger in interdisziplinären Teams, wie man an jüngeren Gründungen wie ICODOS oder The Oater sieht.
FORUM: Was macht die Universität Mannheim aus Ihrer Sicht zu einer guten Uni für Gründungsinteressierte?
Zybura: Das Wichtigste ist das Umfeld, das die Uni Mannheim bietet: Durch die engen und persönlichen Netzwerke unter den Studierenden finden Gründungsinteressierte leicht potenzielle Mitgründer*innen. In der Metropolregion Rhein-Neckar besteht ein nahezu optimales Start-up-Ökosystem, mit dem wir unsere Studierenden gern zusammenbringen. Zudem bereiten wir sie sowohl im Studium als auch mit unseren Entrepreneurship-Angeboten bestmöglich auf eine spätere Gründung vor – und sind auch nach ihrem Abschluss für sie da.
FORUM: Was sollten Studierende – außer einer guten Idee – mitbringen, um als Gründer*innen erfolgreich zu sein?
Woywode: In erster Linie: ein hohes „need for achievement“ – also den Wunsch, etwas erreichen zu wollen. Weiterhin sollten sie von ihrer Idee überzeugt sein und an ihr festhalten, auch wenn es mal schwierig wird. Ein Start-up zu gründen, bringt eine enorme Arbeitsbelastung mit sich. Außerdem sollten Gründer*innen risikobereit sein, da immer die Möglichkeit besteht, dass ihre Geschäftsidee nicht erfolgreich ist. Circa 50 Prozent der Start-ups überleben die ersten vier Jahre nicht. Umso erstaunlicher ist es, wie viele unserer Mannheimer Alumni-Start-ups trotz dieser widrigen Bedingungen erfolgreich sind – denken Sie beispielsweise an Payback, Statista, Treasury Intelligence Solutions, Foodspring oder Sovanta. Und jedes Jahr kommen neue dazu. Um diese hohe Anzahl erfolgreicher Start-ups wird die Uni Mannheim beneidet. Am Ende liegt dieser Erfolg vor allem daran, dass wir hier sehr viele leistungs- und gründungsorientierte Studierende und Wissenschaftler*innen haben, die bereit sind, das Gründungsrisiko einzugehen – und die gut darin sind, sich soziale Netzwerke aufzubauen und diese für ihre Gründungen zu nutzen.
Interview: Linda Schädler und Jessica Scholich / April 2025