Finanz­branche bleibt Männerdomäne

Laut einer aktuellen Studie, geleitet von der Mannheimer BWL-Professorin Dr. Alexandra Niessen-Rünzi, sind junge Frauen gegenüber Jobs im Finanz­sektor abgeneigt. Um das zu ändern, müssten Unternehmen ihre Außen­kommunikation ändern und damit aufhören, ein „Wolves of Wall Street“-Image zu vermitteln.

Viele Frauen meiden die Finanz­branche als Arbeitgeber. Das geht aus einer Befragung von knapp 1.200 Studentinnen und Studenten an den Universitäten Mannheim, Frankfurt und der Hochschule St. Gallen hervor. Demnach finden nur wenige Studentinnen, dass die Finanz­branche ein attraktiver Arbeitgeber ist, während männliche Studenten eine deutlich positivere Einstellung haben. „In unserer Studie untersuchen wir die Gründe, warum Studentinnen sich nicht in dem von der Industrie gewünschten Umfang für Stellen im Finanz­bereich im Allgemeinen und bei Vermögensverwaltern im Speziellen interessieren“, erklärt Prof. Dr. Alexandra Niessen-Rünzi, Inhaberin des Lehr­stuhls für Corporate Governance an der BWL-Fakultät.

Ein Grund für die negative Einstellung von Studentinnen ist laut Umfrage, dass viele von ihnen einen Job in der Finanz­branche nicht mit ihren Moralvorstellungen vereinbaren können. Das Image der Branche hat seit Beginn der Finanz­markt­krise 2007 beträchtlich gelitten und sich bis heute nicht erholt. Gemessen an der öffentlichen Wahrnehmung belegt die Finanz­industrie auf der Beliebtheitsskala den vorletzten Platz – vor der Energiebranche.

Zudem empfinden viele der befragten Frauen die Arbeits­atmosphäre an den Finanz­schauplätzen als wenig kollegial und geprägt von Rivalität. Allerdings findet ein Drittel der befragten männlichen Studenten genau das gut. Als wichtigsten Grund jedoch nannten die Studentinnen, dass Jobs im Finanz­sektor wenig familien­freundlich seien. Zu den von Frauen bevorzugten Bereichen innerhalb eines Unternehmens gehören Marketing und Personalwesen, während männliche Studierende den Finanz­bereich als Favoriten nannten. Auch glauben die jungen Studentinnen, dass sie deutlich weniger verdienen werden als Männer. Sie gehen meist von einem Start-Jahresgehalt von 50.000 bis 59.000 Euro aus. Männer erwarten im Durchschnitt 10.000 Euro mehr.

 „Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass um Studentinnen gezielt anzusprechen, eine völlig andere Botschaft nötig ist als bisher oft kommuniziert“, ist Prof. Dr. Stefan Rünzi, einer der Koautoren der Studie und Professor für International Finance an der Uni Mannheim, überzeugt. „Es ist keine gute Idee, sich hauptsächlich als auf Profitmaximierung und Wettbewerb ausgerichtetes Unternehmen zu präsentieren und ein „Wolves of Wall Street“- Image zu transportieren.“

Text: Yvonne Kaul / Oktober 2018