Eine Figur aus dem Antikensaal. Über ihrem Mund ist Klebeband per Fotomontage eingefügt. Daneben steht in schwarzer Schrift: In aller Munde. Demokratieforschung an der Uni Mannheim.

Zwischen Rhetorik und Schlagfertigkeit

Bei Debattierclubs denken die meisten vermutlich an US-amerikanische Highschool-Filme oder englische Elite-Universitäten. Doch auch abseits der englischsprach­igen Filmkultur und Bildungs­einrichtungen gibt es sie: Die 2007 gegründete Initiative Mannheim Debating Union hat es sich zur Aufgabe gemacht, die deutsche Sprache und Debattenkultur zu fördern.

Wer an diesem Mittwochabend im Mai den Seminarraum O 226–228 im Ostflügel des Schlosses betritt, landet mittendrin – in einem Treffen des Debattierclubs der Uni Mannheim. Die Mitglieder der Mannheim Debating Union tauschen sich lachend aus, verteilen neues Merchandise und der Präsident der Initiative, Phil Mayr, bereitet eine kurze Präsentation vor. Die Atmosphäre ist locker und ungezwungen. Nichts deutet darauf hin, dass sich die Anwesenden gleich in zwei Lager aufspalten werden, um sich einen verbalen Schlagabtausch zu liefern. 

Bei diesen wöchentlichen Debatten ist jede*r herzlich willkommen – Alter und Studien­gang spielen keine Rolle. Auch Vorerfahrungen braucht man nicht, wie Sören Bürkle, Politik­wissenschafts­student und Mitglied des Debattierclubs, erklärt: „Wir bieten am Anfang jedes Semesters Einstiegsabende an, aber man kann genauso gut auch später dazukommen. Zu Beginn gibt es eine kurze Erklärung und dann darf man auch direkt mitmachen.“ 

Regierung diskutiert mit Opposition

Nachdem die organisatorischen Fragen geklärt sind, wählen die Teilnehmenden eine Kategorie für das Debattenthema aus. „Politik“ und „Medien“ können sich an diesem Abend nicht durchsetzen, stattdessen fällt die Wahl auf „Menschliches Verhalten“. Der Präsident verkündet im Anschluss das Thema. Heute lautet es: „Schadet Eigenlob mehr als es nutzt?“

Dann werden per Auslosung die jeweiligen Rollen zugeteilt: Debattiert wird im Format der „Offenen Parlamentarischen Debatte“, das bedeutet, dass eine Regierung und eine Opposition gebildet werden, die für beziehungs­weise gegen den Debattengegenstand argumentieren. Diese haben im Anschluss 15 Minuten Zeit, um ihre Reden vorzubereiten. Außerdem gibt es freie Redner*innen, die sich entweder der Pro- oder der Contra-Seite anschließen können. 

Natürlich braucht es feste Regeln für die Debatten, der Spaß darf dabei aber nicht zu kurz kommen: Denn auch, wenn die Teilnehmenden im Folgenden unter­schiedliche Meinungen vertreten, ist der Umgang miteinander stets respektvoll. Mehr oder weniger ernstgemeinte Zwischenrufe und -fragen der anderen Debattenteilnehmenden sorgen zudem dafür, dass die Atmosphäre aufgelockert wird und man die eigene Schlagfertigkeit verbessert. 

Eine Jury führt Protokoll und entscheidet am Ende, welche Seite gewonnen hat. Zu den Bewertungs­kategorien zählen neben der Sprach­kraft auch Kontakt­fähigkeit, Urteilskraft, Auftreten und Sachverstand. An diesem Abend sind die Argumente und der Auftritt der Regierung etwas überzeugender und so gewinnt sie mit einem knappen Punktevorsprung vor der Opposition.

Landes­innen­minister zu Besuch

Neben den wöchentlichen Debatten im kleineren Rahmen organisiert die studentische Initiative auch größere Debattierturniere. Fest etabliert hat sich inzwischen das jährlich stattfindende „Wasserturmier“, dessen Name eine Anspielung auf den Mannheimer Wasserturm ist und bei dem Debattierende aus der gesamten Region zusammenkommen. Darüber hinaus organisiert die Initiative regelmäßig Podiumsdiskussionen zu aktuellen politischen Ereignissen. 

Kürzlich wurde der Mannheim Debating Union zudem eine ganz besondere Ehre zuteil: Im April dieses Jahres richtete sie die Süddeutschen Debattiermeisterschaften aus. Bei dem zweitägigen Wettbewerb war eine Ehrenjury anwesend, die sich aus Landes­innen­minister Thomas Strobl, der Studioleiterin des SWR Studios Mannheim-Ludwigshafen Dagmar Schmidt sowie dem Debattier-Alumnus der Universität Heidelberg Daniel Sommer zusammensetzte. „Das war so ziemlich das Größte, was wir bisher organisiert haben“, erzählt Bürkle. 

Besonders gefreut hat ihn das öffentliche Interesse an der Veranstaltung: „Die deutsche Debattierszene arbeitet momentan daran, öffentlichkeits­wirksamer zu werden“, erklärt Bürkle. Für die Zukunft der Mannheim Debating Union wünscht er sich vor allem, dass sie sich als größere Initiative festigen kann und auch wettkampftechnisch etabliert. Und vielleicht assoziiert man in Zukunft dann nicht mehr nur US-amerikanische Highschool-Filme oder englische Elite-Universitäten mit Debattierclubs, sondern auch Initiativen wie die Mannheim Debating Union.

Text: Tamara Gminsky / August 2025

Die Mannheim Debating Union trifft sich jeden Dienstag um 19 Uhr für die englischsprach­ige und jeden Mittwoch um 19 Uhr für die deutschsprach­ige Debatte im Raum O 226–228 im Schloss. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Initiative.