Eine Figur aus dem Antikensaal. Über ihrem Mund ist Klebeband per Fotomontage eingefügt. Daneben steht in schwarzer Schrift: In aller Munde. Demokratieforschung an der Uni Mannheim.

Ein Wiedersehen mit … Dr. Melanie Seidenglanz

Ihr Einsatz für Bildung ist für Alumna Dr. Melanie Seidenglanz eine Herzensangelegenheit. Warum das so ist, macht die Projektleiterin und Mannheimer Stadträtin bei einem Besuch an ihrer Alma Mater deutlich.

Zum Interview für das FORUM kommt Dr. Melanie Seidenglanz gern ins Schloss. Wir treffen uns im Foyer des Ostflügels. „Können wir noch eine frühere Kommilitonin in ihrem Büro besuchen?“, fragt sie kurz nach der Begrüßung. Natürlich haben wir dafür Zeit und es wird ein herzliches Wiedersehen. Auf dem Weg zur Fotolocation sammeln wir den Fotografen ein und sofort sprechen die beiden über ein gemeinsames Projekt aus der Vergangenheit. Bereits hier deutet sich an, was im späteren Interview klar wird: Die große Leidenschaft von Seidenglanz ist das Netzwerken. Sich selbst bezeichnet sie gerne als Mannheimer Urgestein, an jeder Ecke kennt sie irgendwen. Dank ihrer nahbaren, offenen Art kommt man mit ihr schnell ins Gespräch.

Angekommen am Interview-Spot berichtet die Alumna zunächst, dass sie häufiger auf dem Campus unter­wegs ist: „Ich erzähle zum Beispiel im Studien­gang Wirtschafts­pädagogik über meine Arbeit und besuche Veranstaltungen des Trans­fer­projekts Trans­forMA“, sagt die 41-Jährige. „Der Kontakt zu meiner Alma Mater und den jungen Menschen ist mir sehr wichtig. Die übernehmen schließlich später in unserer Gesellschaft die Verantwortung.“ Dies ist auch ein Grund, warum sie Mentorin bei ABSOLVENTUM ist. Ein anderer: „Ich weiß aus der Zeit meiner Promotion, wie toll es ist, wenn man jemanden hat, auf den man sich verlassen kann. Ich möchte da etwas zurückgeben.“

Zurück an die Universität 

Nach ihrem Abschluss kehrt die Alumna ihrer Universität trotz des Angebots einer Promotion erst einmal den Rücken zu: Sie beginnt bei der Evaluations­agentur Baden-Württemberg zu arbeiten, die Hochschulen und andere Wissenschafts­einrichtungen beim Qualitäts­management unter­stützt. „Ich war 23 Jahre alt und wollte direkt in die Arbeits­welt“, sagt sie. Dieser Gedanke erscheint natürlich, denn die Mannheimerin sprüht auch im Gespräch voller Energie, bereit anzupacken und Veränderungen anzustoßen. „Irgendwann wollte ich durch den Kontakt zur Wissenschaft aber doch promovieren“, sagt sie. Über eine ehemalige Kommilitonin hört sie von einem spannenden Forschungs­projekt mit Möglichkeit zur Promotion bei Sprach­wissenschaft­lerin Prof. Dr. Heidrun Kämper und bekommt die Stelle in Verbindung mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung. 

Auch nach Beendigung der Promotion bleibt sie der Universität treu: Sie wechselt ins Dekanat der Rechts­wissenschaften in den Bereich Akkreditierung und danach weiter ins Studien­gangs­management. Durch Berufs­praktika der Studierenden kommt sie in Kontakt mit vielen Unter­nehmen aus der Region. „Und gerade dieser Austausch mit den Berufs­praktiker*innen hat mir sehr gut gefallen“, bekräftigt die Alumna. Sie erfährt von einem Job bei der Metropolregion Rhein-Neckar, zu dessen Profil sie genau passt: Bildungs­erfahrung im universitären Bereich, ein großes Netzwerk und viele Kontakte. Sie bewirbt sich und bekommt die Stelle. 

Chancen und Bildung 

Als Projektleiterin Arbeits­markt und Bildung gestaltet sie in den von ihr verantworteten regionalen Projekten und Netzwerken den Bildungs- und Wissenschafts­standort mit. Im Fokus stehen aktuell Bildungs­maßnahmen, die dabei helfen, die Schulabbruchquote in der Region zu reduzieren. Dabei arbeitet sie mit Vertreter*innen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivil­gesellschaft zusammen. „Jeder Tag ist ein bisschen anders, aber immer wieder verbessern wir Bildungs­chancen“, freut sich die Mannheimerin. „Das ist mir eine Herzensangelegenheit und dass ich in meinem Job damit zu tun habe, ist großartig.“ 

Seit ihrem 15. Lebens­jahr engagiert sich die Mannheimerin ehrenamtlich in der Arbeit mit Kindern. Zunächst als Pfadfinderin und während der Studien­zeit als Begleiterin bei Kinderfreizeiten der Caritas. „Kinderarmut reduzieren, Bildungs­gerechtigkeit, bessere Bildungs­chancen ermöglichen – diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, sagt die Alumna. Ein prägendes Erlebnis für sie noch während der Studien­zeit: „Als ich merkte, dass in einem reichen Land wie Deutschland Kinder nicht mit zur Ferienfreizeit können, weil sie nicht genügend Unter­hosen haben!“

Einstieg in die Politik

Zur gleichen Zeit machen die Jusos in der Region eine Kampagne zum Thema „Kinderarmut“. Bis zu diesem Zeitpunkt denkt die heute 41-Jährige, trotz ihres Politik­wissenschafts- und Germanistikstudiums, nicht aktiv darüber nach, sich vor Ort für Politik zu engagieren. „Während des Studiums haben wir mehr über Theorien als über tagesaktuelle oder kommunale Politik gesprochen“, sagt sie. Von ihrer Empörung erzählt sie nun einer Kommilitonin, die gleich­zeitig Vorsitzende der hiesigen Jusos ist. Diese nimmt sie mit auf eine Veranstaltung. „Und dann waren da ganz viele Menschen, die ich kannte – teilweise aus dem Hörsaal. Ich habe mich unheimlich wohlgefühlt und angefangen, mich zu engagieren“, sagt Seidenglanz. 

Über 20 Jahre ist das jetzt her. Heute sitzt die Alumna im Gemeinderat für die SPD, ist stellvertretende Fraktions­vorsitzende. „Ich bin da so reingerutscht“, sagt sie rückblickend. „Aber mir macht die Arbeit sehr, sehr viel Spaß, weil sie strategisch ist und ich mich für Bildung nun auch politisch einsetzen kann.“ Erleichtert wird ihr diese Arbeit durch ihre bisherigen Jobs in verschiedenen Branchen: „Ich sage immer, ich bin wie eine Über­setzerin und schaue, dass wir eine gemeinsame Sprache finden. Und natürlich eine gemeinsame Geschwindigkeit und Linie in den Projekten.“ 

Wohin geht der Weg? 

Durch ihr politisches Engagement sitzt Seidenglanz im Aufsichtsrat mehrerer Unter­nehmen, zum Beispiel bei der MVV. „Das hätte ich mir am Anfang meiner beruflichen Karriere nicht vorgestellt“, sagt die Alumna. Ihr berufsbegleitendes BWL- und Management­studium an der TU Kaiserslautern hat sie darauf gut vorbereitet. Sie freut, dass sie in so viele verschiedene Bereiche Einblicke hat: „Ich habe aktuell die Chance, auch durch mein politisches Mandat, meinen Blick zu weiten und viel Wissen mitzunehmen. Für viele wäre das vermutlich nichts, aber ich bin da genau der richtige Typ für.“

Im Leben von Melanie Seidenglanz scheint es, als greife ein Rädchen wirklich immer passend in das nächste. Da schleicht sich der Gedanke ein: Ist das jetzt ihr Traumjob? „Im Moment fühlt es sich auf jeden Fall stimmig an. Auch die Kombination zwischen Job und Ehrenamt. Und nicht zu vergessen auch mit meiner Familie“, sagt sie. Was noch kommt, weiß sie natürlich nicht, aber sicherlich wird es mit Bildung zu tun haben.

Text: Luisa Gebhardt / August 2025