Eine Figur aus dem Antikensaal. Über ihrem Mund ist Klebeband per Fotomontage eingefügt. Daneben steht in schwarzer Schrift: In aller Munde. Demokratieforschung an der Uni Mannheim.

Auf immer Wiedersehen

CU Mehrweg heißt das Start-up, das die beiden Mannheimer Alumnae Tatiana Tsarkova und Mette-Maria Meyer mitbegründet haben. Ihre Idee ist so einfach wie genial: Lebens­mittel wie Nüsse, Trockenfrüchte oder Gummibären in Mehrwegbecher packen, die am Pfandautomaten zurückgegeben und anschließend recycelt werden.

Ziemlich wuselig geht es an diesem Morgen im Mannheimer G7-Quadrat zu: Ob per Fahrrad oder zu Fuß, immer mehr Frauen treffen ein, queren den grünen Innenhof und eilen in Richtung Hinterhaus. Hinter der schicken Glastür, in der sie verschwinden, ist das Mannheimer GIG7 – Kompetenzzentrum FeMale Business beheimatet und das lädt heute zu einem Workshop für gründungs­interessierte Frauen ein. Mittendrin in diesem Gewusel stehen zwei, die die Gründung längst hinter sich haben: Tatiana Tsarkova und Mette-Maria Meyer, Gründerinnen des Start-ups CU Mehrweg. 

Sie haben hier im Kompetenzzentrum Büroräume gemietet – da die Sonne scheint und es draußen wesentlich ruhiger zugeht, setzt man sich zum Gespräch aber dann doch lieber in den Hof. Rasch eilt Meyer nochmal hinein, kommt lachend mit einem großen Becherstapel zurück und platz­iert ihn stolz auf dem Tisch: „Das ist es, unser Produkt!“ 

Das Produkt also ist ein handlicher Becher mit Deckel, der Inhalt: 200 Gramm Genussmix süß & salzig der bekannten Marke Seeberger. Getrocknete Cranberries in Zartbitterschokolade, geröstete Cashewkerne, gesalzene Mandelhälften… lecker! Auf dem Deckel geschrieben steht die Formel, die zugleich die geniale Idee hinter CU Mehrweg ist: „öffnen – snacken – einfach am Pfandautomaten zurückgeben!“ Derlei Seeberger-Snackboxen stehen gerade in 18 ausgewählten Supermärkten des REWE Südwest, das Pilot­projekt ist für drei Monate angesetzt, 50 Cent Pfand pro Becher werden berechnet. 

Gründen, aber mit Grund

Tsarkova erklärt den weiteren Prozess: „Wir reinigen die Verpackungen und trans­portieren sie zurück zur Produktion der Lebens­mittelhersteller. So sparen wir mit jedem Umlauf wertvolle Ressourcen.“ Ein echter Meilenstein sei dieses große Pilot­projekt mit REWE und EDEKA in der jungen Gründungs­geschichte von CU Mehrweg und dass es einmal so weit kommt, hätte sie vor vier Jahren selbst nicht geglaubt.

Als Mitglied der Uni-Initiative Enactus – die sich zum Ziel gesetzt hat, mit innovativen Projekten und Ideen soziale und ökologische Probleme in aller Welt zu lösen – nahm Tsarkova mitten im Corona-Lockdown an einem deutschland­weit ausgeschriebenen Wettbewerb teil. Motto: Entwickle ein Mehrweg-System für Lebens­mittel. Ihr Team belegte den ersten Platz und tüftelte auch nach dem Sieg noch ehrenamtlich immer weiter an der Idee. „Ich war so überzeugt von unserem Produkt, dass ich mich letztlich dazu entschieden habe, das Vollzeit weiterzuführen und wirklich zu gründen“, erzählt Tsarkova von dieser Anfangszeit. 

Nun hieß es also: Fleißig Fördermittel eintreiben, erste kleinere Pilot­projekte starten und nebenbei das BaKuWi-Studium abschließen. Und: Co-Gründer*innen finden! „Ich wusste von Anfang an: Um so ein Start-up auszubauen, braucht man unbedingt ein gutes Team, das auch langfristig hinter der Sache steht“, erklärt die 25-Jährige. Durch Zufälle und Bekanntschaften kamen dann zunächst Mette-Maria Meyer und später Jonathan Schröder hinzu. Und dieses Dreiergespann hat schon so einiges in Bewegung gebracht: Namhafte Kunden wie eben Seeberger, aber auch Müller’s Mühle, Bohlsener Mühle und Sunflower Family konnten gewonnen werden.

„Wenn man zurückblickt, ist es wirklich ein bisschen verrückt, wie gut sich das entwickelt. Tatiana und ich hatten schon richtige Durststrecken, zwischenzeitlich hatte ich mich sogar für einen Minijob bei einem Super­markt beworben, weil wir nicht wussten, wie es weitergeht. Und die haben mich abgelehnt“, lacht Meyer laut und herzlich. 

Die ursprünglich aus Hamburg stammende Gründerin hat CU Mehrweg längst zu ihrem Baby gemacht: „Für mich gab es diesen einen Aha-Moment. Das war beim Onboarding-Tag, da hat Tatiana mir eine Dokumentation gezeigt, in der thematisiert wurde, dass die tatsächliche Recyclingquote von all dem Müll, der bei uns im gelben Sack landet, super gering ist. Es werden nur 11,5 Prozent aller Verpackungen aus dem gelben Sack tatsächlich wieder zu neuen Verpackungen verarbeitet. Der Rest wird verbrannt oder exportiert. Man denkt immer, man sortiert das fein säuberlich, tut der Umwelt etwas Gutes, aber das stimmt einfach nicht!“

Kreislaufwirtschaft ist das Ziel

Nach der Partner­gewinnung und der Produkt­entwicklung ist der nächste große Schritt mitten in der Mache: Das Team wird nun deutlich wachsen – und während die beiden Gründerinnen draußen ihre CU-Geschichte erzählen, ist der dritte Gründer drinnen dabei, den ersten festangestellten Mitarbeiter anzuleiten. Denn ausruhen möchte sich das junge Team auf keinen Fall, die gesteckten Ziele formuliert Tsarkova glasklar und selbstbewusst: „Es gibt schon gute Sachen wie kleine Unverpackt-Läden oder Mehrweg-Kaffeebecher. Aber die Herausforderung lautet: den Lebens­mitteleinzelhandel komplett kreislauf­fähig zu machen. Wir wollen uns nicht nur auf trockene Lebens­mittel beschränken – am Ende kann es alles sein. In der Masse Lebens­mittelverpackungen auf Mehrweg umzustellen, das ist unser Ziel!“

Text: Jule Leger / August 2025