Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

Warum Auftragsbücher mehr über unsere Wirtschaft verraten, als man denkt

Wie wirken sich Auftragsbücher auf Konjunktur­zyklen aus? Und was passiert, wenn „Falken“ statt „Tauben“ die Zentralbank lenken? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Ökonom Matthias Meier, der zum 1. August 2025 eine Heisenberg-Professur an der Universität Mannheim angetreten hat.

Pressemitteilung vom 5. August 2025
Druckversion (PDF)

Die Deutsche Forschungs­gemeinschaft hat den Ökonomen Prof. Dr. Matthias Meier, der bislang als Junior­professor an der Universität Mannheim tätig war, neu in die Heisenberg-Förderung aufgenommen. Im Rahmen des renommierten Programms erhält er insgesamt knapp 1,3 Millionen Euro über fünf Jahre. Davon entfallen 840 Tausend Euro auf die Heisenberg-Professur und 440 Tausend Euro auf sein neues Forschungs­projekt.

Im Zentrum seines Projekts stehen makro­ökonomische Fluktuationen – also Konjunktur­zyklen, Krisen und die Rolle wirtschafts­politischer Maßnahmen. „Mich interessiert die Frage, was Auf- und Abschwünge in der Wirtschaft antreibt und wie die Politik darauf stabilisierend reagieren kann“, erklärt Meier. Sein Projekt umfasst drei große Forschungs­themen: Auftragsbücher, Unter­nehmens­schulden und systematische Geldpolitik. 

Auftragsbücher als unter­schätzter Konjunkturfaktor
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf einem Thema, das in der öffentlichen Debatte zwar häufig genannt wird, in der Forschung aber bisher kaum systematisch unter­sucht wurde: Auftragsbücher von Unter­nehmen. Diese enthalten verbindlich vereinbarte, aber noch nicht erfüllte Lieferverträge – ein oft übersehener Puffer in wirtschaft­lichen Abschwüngen.

„Wenn Unter­nehmen viele offene Aufträge haben, kann ein Nachfragerückgang zunächst abgefedert werden. Das reduziert kurzfristig den Druck auf die Politik, stabilisierend einzugreifen“, erklärt Meier. 

Auch für die Geldpolitik seien diese Effekte relevant: „Wenn heutige Verkaufspreise aus Altaufträgen stammen, kann die Zentralbank sie kaum direkt beeinflussen“, so Meier. Gemeinsam mit seinem Team wertet er derzeit Daten des Statistischen Bundes­amts aus, um zu zeigen, welche Rolle Auftragsbestände für wirtschaft­liche Stabilität spielen. 

Unter­nehmens­schulden – Risiko oder Stabilitätsanker?
Ein zweiter Fokus liegt auf der Verschuldung von Unter­nehmen. Besonders interessant ist dabei, wie sich unter­schiedliche Laufzeiten von Krediten auswirken. „Viele wissenschaft­lichen Modelle gehen davon aus, dass Schulden kurzfristig zurückgezahlt werden. In Wirklichkeit aber finanz­ieren sich Unter­nehmen oft über viele Jahre“, sagt Meier. In seinem Projekt unter­sucht er, welche Folgen diese langfristige Finanzierung für die Wirkung geldpolitischer Entscheidungen hat. Seine Analyse stützt er dabei auf Daten aus der US-amerikanischen Wirtschaft. „Die Einsichten, die wir daraus generieren, sind jedoch prinzipiell übertragbar“, so Meier.

Wer trifft die Entscheidungen in der Geldpolitik?
Der dritte Baustein der Professur widmet sich der Frage, wie geldpolitische Entscheidungen überhaupt entstehen – und wer sie prägt. Meier und sein Team analysieren, ob sogenannte „Tauben“ oder „Falken“ in den Zentralbanken den Ton angeben: „Tauben“ legen mehr Gewicht auf Beschäftigung, „Falken“ auf Preisstabilität. „Wie stark eine Zentralbank beispielsweise auf höhere Inflation reagiert, hängt davon ab, ob Falken oder Tauben unter den Geldpolitiker*innen das Sagen haben“, erklärt er. Auch die Reaktionen einer Zentralbank auf externe Einflüsse wie Ölpreisschocks spiegeln das wider. Ziel ist es, daraus besser zu verstehen, wie geldpolitische Strategien auf externe Einflüsse reagieren – und was das für ihre Wirksamkeit bedeutet.

Für Meier ist die Heisenberg-Professur auch eine persönliche Bestätigung. „Ich freue mich sehr, weiter an der Universität Mannheim forschen zu können – in einem hervorragenden wissenschaft­lichen Umfeld, mit engagierten Kolleg*innen und exzellenten Promovierenden.“ Besonders schätzt er auch den Austausch mit anderen Fach­bereichen wie der Betriebs­wirtschafts­lehre. 

Über das Heisenberg-Programm
Die Heisenberg-Professur der DFG – benannt nach dem Physiker Werner Heisenberg – fördert exzellente Nachwuchs­wissenschaft­ler*innen, die bereits alle Voraussetzungen für den Ruf auf eine Professur erfüllen. Die Forschenden werden für fünf Jahre von der DFG mit Personal- und Sachmitteln unter­stützt und erhalten damit die Möglichkeit, Forschungs­projekte an einem Ort ihrer Wahl zu etablieren. 

Die Professur wird nach drei Jahren bei einer positiven Evaluierung verstetigt und gibt den Forschenden Planungs­sicherheit.

Kontakt:
Prof. Dr. Matthias Meier
Professur für VWL, Makroökonomik und Geldpolitik
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1804
E-Mail: m.meiermail-uni-mannheim.de 

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de