Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

GBP-Monitor Januar 2025: Teure Berichtspflichten bremsen nachhaltige Investitionen

Nur 12,6 Prozent der Unter­nehmen glauben, dass die EU-Vorschriften zur Nachhaltigkeits­bericht­erstattung tatsächlich zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen. Der dafür erforderliche Aufwand stehe in keinem Verhältnis zu dem Nutzen dieser Berichte, so die weit verbreitete Sicht von Unter­nehmen, wie aktuelle Ergebnisse des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim zeigen. Die für die Erfüllung der Berichtspflichten aufgewendeten finanz­iellen Mittel fehlen dann regelmäßig, um neue Nachhaltigkeits­maßnahmen in die Praxis umzusetzen.

Pressemitteilung vom 24. Januar 2025
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Als Reaktion auf die weit verbreitete Kritik von Unter­nehmen hat die EU-Kommission Ende 2024 umfangreiche Entlastungen von den Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit angekündigt. Mit der sogenannten „Omnibus“-Initiative sollen die Anforderungen um mindestens 25 Prozent reduziert werden. Betroffen sind unter anderem die Richtlinien zur Nachhaltigkeits­bericht­erstattung (CSRD), zur Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten (CSDDD) und zur EU-Taxonomie.

Kritik besonders ausgeprägt bei Unter­nehmen mit eigener Nachhaltigkeits­strategie
Der aktuelle Bericht des German Business Panel (GBP) spiegelt die zunehmende Kritik deutscher Unter­nehmen wider: Im zweiten Halbjahr 2024 stieg der Anteil der Unter­nehmen, die die CSRD negativ bewerten, um knapp 12 Prozentpunkte auf 67,6 Prozent. Nur noch 12,6 Prozent glauben, dass die Regelungen tatsächlich zu mehr Nachhaltigkeit führen können. Deshalb kommt die Kritik auch nicht von den Unter­nehmen, die nachhaltige Geschäfts­modelle ablehnen, sondern vorrangig von denjenigen Unter­nehmen, die bereits eine Nachhaltigkeits­strategie verfolgen.

„Der Vielzahl an Daten, die Unter­nehmen über ihre Lieferketten, den Beitrag zum Umweltschutz und soziales Engagement erheben müssen, fehlt der Fokus auf die Interessen der Leser dieser Berichte. Dies belastet insbesondere kleine und mittelständische Unter­nehmen. Die finanz­iellen Mittel, die sie aufwenden, allein um diese Berichte zu erstellen und die Anforderungen zu erfüllen, fehlen dann oft an anderen Stellen, beispielsweise für die Umsetzung der Nachhaltigkeits­strategie“, erklärt Prof. Dr. Jannis Bischof, wissenschaft­licher Leiter des GBP und Inhaber des Lehr­stuhls für ABWL und Unter­nehmens­rechnung an der Universität Mannheim. Er ergänzt: „Hinzu kommt, dass viele Unter­nehmen die Umsetzung der Vorschriften als reine Formalität ohne spürbare Effekte auf die Wirtschaft betrachten.“

Verpasste Investitionen und Innovations­stau
Die Bürokratie führt nicht nur zu Un­zufriedenheit, sondern hat auch konkrete Aus­wirkungen auf Investitionen. Mehr als die Hälfte der Unter­nehmen (54,1 Prozent) gab an, in den vergangenen zwei Jahren geplante Investitionen nicht umgesetzt zu haben. Zudem verzichteten 40,9 Prozent auf die Entwicklung neuer Produkte. „Es besteht die Gefahr, dass die Vorschriften zur Nachhaltigkeit ihr eigentliches Ziel ins Gegenteil verkehren“, so Bischof.

Behördenkontakte als zusätzliche Belastung
Besonders belastend empfinden Unter­nehmen den Umgang mit Behörden. Bei Firmen, die zu Nachhaltigkeits­berichten verpflichtet sind und Nachhaltigkeit als eigenes strategisches Ziel sehen, wird dieser Aspekt sogar als lästiger empfunden als die eigentlichen Vorschriften (26,5 Prozent gegenüber 20,6 Prozent). Freiwillige Anwender*innen der CSRD hingegen sehen die Offenlegungs­standards selbst als größte Hürde, was auf ihren geringeren Behördenkontakt zurückzuführen sein könnte.

Zufriedenheit mit Wirtschafts­politik auf Tiefpunkt
Der GBP-Bericht dokumentiert zudem einen erneuten Rückgang der Zufriedenheit mit der Wirtschafts­politik. Sie liegt aktuell auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Befragungen im Jahr 2019. „Dies unter­streicht die dringende Notwendigkeit, die Belastungen durch die Nachhaltigkeits­verpflichtungen zu reduzieren, um das Vertrauen der Unter­nehmen zurückzugewinnen“, resümiert Bischof.

Den „GBP-Monitor: Unter­nehmens­trends im Januar 2025“ finden Sie hier:  https://www.accounting-for-transparency.de/publications/gbp-monitor-unternehmenstrends-im-januar-2025/

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unter­nehmen und seit März 2024 mehr als 250 Wissenschaft­ler*innen zur Unter­nehmens­lage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitions­änderungen, 2) unter­nehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Schließungs­rate in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird alle drei Monate zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

Hintergrund­informationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungs­panel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Trans­parency“ (www.accounting-for-trans­parency.de). Der Sonderforschungs­bereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Trans­parency“ startete im Juli 2019. Im Mai 2023 beschloss die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG), den SFB um zunächst weitere vier Jahre zu verlängern. Er ist der erste SFB mit betriebs­wirtschaft­lichem Schwerpunkt. Am SFB sind über 100 Wissenschaft­ler*innen von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forschende von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Frankfurt School of Finance & Management, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover. Die Forschenden unter­suchen, wie Rechnungs­wesen und Besteuerung die Trans­parenz von Unter­nehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unter­nehmens­trans­parenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 18 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehr­stuhl für ABWL und Unter­nehmens­rechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1630
E-Mail: jbischofmail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de