Porträt von Vianney. Sie hat dunkle, lange Haare, trägt einen dunklen Pullover und lächelt in die Kamera.

„Dass so viele Kulturen an einem Ort zusammenkommen, ist wirklich toll!“

Vianney Chaparro Valenzuela kommt ursprünglich aus einer kleinen Stadt im Norden Mexikos. Sie ist die erste in ihrer Familie, die studiert. An der Universität Mannheim ist sie im Mannheim Master of Management (MMM) eingeschrieben. Was ihr an diesem Studien­gang besonders gefällt und welche Tipps sie für andere internationale Studierende hat, berichtet die 26-Jährige in ihrer UniMA story.

Wo hast du gelebt, bevor du dich entschieden hast, in Deutschland zu studieren?

Ich komme aus einem sehr kleinen Dorf im Norden Mexikos, wo die Haupterwerbszweige Landwirtschaft, Viehzucht und etwas Handel sind. Die Möglichkeiten dort sind sehr begrenzt, vor allem, wenn es um internationale Erfahrungen geht. Ich bin die erste Person in meiner Familie, die studiert. Weder meine Großeltern noch meine Eltern hatten die Möglichkeit, eine Hochschule zu besuchen. Das war eine große Herausforderung für mich. Meine Eltern haben mich aber immer ermutigt, nach Möglichkeiten zu suchen, internationale Erfahrungen zu machen. Nach dem Schul­abschluss bin ich für ein Austauschjahr nach Kanada gegangen – das hat mir sehr gefallen. Danach habe ich mein Bachelor­studium in Finanz­wesen in den USA, in Texas, über ein Stipendium gemacht. Nach dem Abschluss konnte ich ein paar Monate für ein amerikanisches Unter­nehmen arbeiten. Dadurch konnte ich etwas Geld sparen, um mein Studium hier zu finanz­ieren. Anschließend bin ich zurück nach Mexiko gegangen, wo mein Vater und ich eine Zweigstelle unseres Familienbetriebs mit Fokus auf Landwirtschaft eröffnet haben. Wir haben mehr als 20.000 Apfelbäume und kümmern uns darum, dass diese optimale Bedingungen haben, damit hochwertige Früchte entstehen. Das schließt auch den Pflückvorgang und die Lagerung mit ein. 

Warum hast du dich für ein Studium in Deutschland, und spezifisch an der Universität Mannheim entschieden?

Ich wollte unbedingt noch meinen Master machen. Es gab viele Faktoren, die mich dazu ermutigt haben, nach Deutschland zu kommen. Im Jahr 2022 wusste ich, dass es Zeit für eine Veränderung war. Ich wollte meine Komfortzone verlassen, wachsen, die Welt aus einer anderen Perspektive sehen und mich sowohl persönlich als auch akademisch herausfordern. Außerdem ist mein Freund Deutscher. Wir haben uns kennengelernt, als wir beide in Kanada waren, und durch ihn habe ich mehr über das Leben und die Möglichkeiten in Deutschland erfahren. Letztendlich fühlte sich Deutschland wie die perfekte Wahl an, da es einen starken akademischen Ruf, die Möglichkeit, spezifische Studien­gänge auf Englisch zu studieren, und erschwingliche Studien­gebühren bietet. Ein weiterer wichtiger Faktor war die Unter­stützung, die ich von meiner Familie erhalten habe, die mich immer dazu ermutigt hat, nach Entwicklungs­möglichkeiten zu suchen. Bei der Recherche nach Programmen und Hochschulen habe ich dann gesehen, dass Mannheim immer sehr weit oben in den Rankings ist. Deshalb habe ich mich beworben. Später habe ich noch andere Vorteile entdeckt, die mir anfangs gar nicht so bewusst waren. Zum Beispiel die Flexibilität des Studien­gangs – das schätze ich inzwischen sehr.

Du machst ja den Mannheim Master in Management. Wie gefällt er dir bisher?

Es ist wirklich bereichernd und schön, aber auch herausfordernd – vor allem, sich an ein ganz neues System zu gewöhnen. Wie schon gesagt, finde ich die Flexibilität bei der Kurswahl toll. Am Anfang war ich total überfordert, weil ich es gewohnt war, einem festen Studien­plan zu folgen. Hier kann man sich wirklich selbst entdecken während des zweijährigen Master­studiums. Und ich genieße das internationale Umfeld an der Universität sehr. Ich habe durch meine Freund*innen viel über andere Kulturen gelernt – das ist wirklich schön.

Du hast erwähnt, dass ein Studium für dich etwas ganz Besonderes ist, weil du die Erste in deiner Familie bist, die studiert. Wie fühlt sich das an?

Es fühlt sich wie eine große Verantwortung an, weil ich weiß, dass ich diesen Weg nicht nur für mich gehe, sondern auch für andere, die ihn vielleicht später gehen möchten. Es kann sehr herausfordernd sein. Weil ich die Erste bin, habe ich keine Orientierung oder jemanden, den ich fragen kann. Ich musste alles alleine herausfinden – Bewerbungen an Hochschulen schreiben, Motivations­schreiben verfassen, Visa beantragen usw. Es war eine ganz neue Reise. Aber es ist auch spannend, so viel Neues zu entdecken.

Hast du Tipps für internationale Studierende, die hier studieren möchten?

Ich würde sagen: Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr am Anfang keine sehr guten Noten bekommt. Man muss bedenken, dass man sich nicht nur an ein neues System gewöhnen muss, sondern auch eine neue Sprache lernt, eine neue Kultur, einfach alles. Ich war mein ganzes Leben lang unter den Besten – und dann zu sehen, dass es hier anders ist, war anfangs schon hart. Aber ich würde sagen: Bleibt dran, gebt nicht auf. Es wird sich alles irgendwann fügen. Und wenn ihr internationale Studierende seid, die ebenfalls den MMM studieren: ich würde euch empfehlen, euch auf den Kurs Operational Management zu konzentrieren. Belegt diesen parallel zu „Decision Analysis“. Das hilft euch, nicht von all den neuen Konzepten überfordert zu sein.

Und zusätzlich möchte ich noch allen Menschen aus Lateinamerika sagen, die im Ausland studieren möchten: Gebt nicht auf, lasst euren Hintergrund nicht eure Zukunft bestimmen. Auch wenn ihr klein anfangt – sucht nach Möglichkeiten! Engagiert euch ehrenamtlich, lernt eine neue Sprache oder macht einfach das, was euch interessiert – aber tut es!

Und wie ist deine Erfahrung, in Deutschland zu leben? Gibt es viele kulturelle Unter­schiede?

Es ist wirklich schön, aber auch sehr herausfordernd. Ich war schon einmal als Besucherin hier, aber das ist natürlich nicht dasselbe, wie wenn man wirklich hier lebt. Mein erster Eindruck war, dass hier alles sehr organisiert und effizient ist. Ich würde sagen, dass Deutsche eher ruhig und zurückhaltend sind – ganz im Gegensatz zu Mexikaner*innen, die oft einfach mit Fremden reden oder dich willkommen heißen, auch wenn sie dich gar nicht kennen. Das war wohl die größte Herausforderung oder der größte Kulturschock für mich. Aber ich habe mich inzwischen daran gewöhnt und versuche, die kulturellen Unter­schiede anzunehmen.

Was gefällt dir am Leben in Mannheim?

Ich mag die Vielfalt der Stadt – dass so viele Kulturen an einem Ort zusammenkommen, ist wirklich toll. Und ich schätze auch die Lage von Mannheim sehr. Man ist schnell in großen Städten wie Frankfurt, Mainz oder Stuttgart – und natürlich Heidelberg. Und nicht weit von hier ist auch die französische Grenze – man kann also auch schnell ein anderes Land besuchen.

Und zum Schluss: Hast du schon Pläne, was du nach dem Master machen möchtest?

Auf jeden Fall. Ich bin offen dafür, hier in Deutschland zu bleiben. Kurzfristig möchte ich hier einen Job finden und vielleicht ein bisschen die Welt bereisen – wenn das möglich ist. Langfristig würde ich gerne nach Mexiko zurückkehren und anderen Menschen helfen – vor allem in ländlichen Regionen –, internationale Chancen zu ergreifen. Denn ich glaube wirklich, dass Lateinamerika, und besonders Mexiko, sehr viel Potential hat, aber leider werden diese Möglichkeiten bisher kaum ausgeschöpft. Was ich damit meine, ist, dass in Mexiko und Lateinamerika viele Menschen keinen Zugang zu bestimmten Möglichkeiten haben, die ihnen helfen könnten, sich akademisch oder beruflich weiterzuentwickeln. Beispielsweise sind Möglichkeiten wie ein Studium an einer Universität, ein Auslands­studium oder sogar das Verlassen des Landes, um internationale Erfahrungen zu sammeln, oft nur einer kleinen Gruppe von Menschen vorbehalten. Das liegt nicht an fehlendem Talent oder Ehrgeiz – es gibt sehr viel Potenzial –, sondern vielmehr an Hürden wie finanz­iellen Einschränkungen, mangelnden Informationen oder begrenzter Unter­stützung. Deshalb ist es mir wichtig, daran zu arbeiten, diese Barrieren abzubauen und mehr Menschen in Mexiko den Zugang zu internationalen Möglichkeiten zu ermöglichen, die wirklich einen Unter­schied für ihre Zukunft und ihre Gemeinschaften machen können.

 Interview: Emma-Lena Sester / September 2025