Wie können Geflüchtete mit geringer Bildung am deutschen Arbeits­markt teilhaben?

Mit dieser Frage beschäftigt sich das Projekt „Fach­kräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert? Möglichkeiten zur Integration von geringfügig qualifizierten Geflüchteten“ unter Beteiligung von Dr. Christoph Sajons, Leiter des Forschungs­bereichs „Arbeits­markt und Selbständigkeit“ am Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim.

Das Fazit der Untersuchung lautet: Um gute Chancen auf einen Ausbildungs­platz zu haben, sind fortgeschrittene Deutsch­kenntnisse und ein sicherer Aufenthaltsstatus, vor allem aber Disziplin und Motivation entscheidend. Für etwas ältere Geflüchtete mit relevanter Berufserfahrung kann sich hingegen der Weg in eine berufliche Selbständigkeit lohnen. Diese ermöglicht in vielen Fällen das Umgehen struktureller Hindernisse und führt auch bei einer unfreiwilligen Beendigung nicht zu einer Stigmatisierung auf dem Arbeits­markt.

In zwei getrennten Studien des von der Stiftung Mercator geförderten Projektes wurden duale Ausbildung und Selbständigkeit als Wege in den Arbeits­markt untersucht. Über 1.100 ausbildende Unternehmen in Süddeutschland haben die Forschenden dafür in Kooperation mit den Industrie- und Handels­kammern (IHKs) und Handwerkskammern (HWKs) befragt. Trotz Fach­kräftemangel haben weniger als ein Drittel der Unternehmen Geflüchtete eingestellt (29%) und nur 8 % von ihnen Beratungs­angebote zur Integration von Geflüchteten in Anspruch genommen. Als Gründe wurden Bedenken bezüglich der langfristigen Bindung der Geflüchteten und deren Aufenthaltsstatus sowie bezüglich der Verständigung innerhalb der Belegschaft geäußert. Als sehr bedeutend erwiesen sich außerdem weiche Faktoren wie Disziplin und Motivation, die beispielsweise mit Hilfe von absolvierten Praktika oder geringen Abwesenheiten bei der letzten Schulbildung identifiziert werden können.

Die zweite Studie „Selbständigkeit von Geflüchteten und Zugewanderten. Alternativer Weg in den Arbeits­markt oder berufliche Sackgasse?“ zeigt, dass die Quote der Abbrüche innerhalb der ersten drei Jahre bei migrantischen Gründenden in den 2010er Jahren mit 54% leicht höher lag als bei Gründungen von in Deutschland geborenen Personen (47%). Wer von ihnen nach drei Jahren noch im Markt war, konnte im Schnitt höhere Nettoeinkommen im Monat erzielen als Migrantinnen und Migranten in abhängiger Beschäftigung (etwas über 2000 Euro vs. 1650 Euro). Aber auch wer seine Selbständigkeit schon wieder beendet hatte, stand drei Jahre nach dem Gründungs­versuch mit rund 1800 Euro Nettoeinkommen im Monat besser da als abhängig Beschäftigte. Außerdem fand die Mannheimer Forschungs­gruppe um Dr. Sajons in einem Bewerbungs­experiment heraus, dass durch eine wieder aufgegebene Selbständigkeit keine Stigmatisierung am regulären Arbeits­markt stattfand. Im Vergleich zu einer Phase der Erwerbslosigkeit stiegen die Bewerbungs­chancen durch eine unternehmerische Tätigkeit sogar beträchtlich.

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