Das Mannheimer Barockschloss und der Ehrenhof unter blauem Himmel.

Terrorismusbericht­erstattung und Verantwortung der Medien

Wie sollten Medien über Terrorakte berichten, damit sie keine Panik schüren oder faktenverzerrende Narrative trans­portieren? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende an der Universität Mannheim. Unter ihnen ist eine geflüchtete ukrainische Wissenschaft­lerin, die nun eine Zusatz­förderung der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) erhält. Sie unter­sucht Terrorismusbericht­erstattung in ukrainischen, russischen und weißrussischen Medien.

Pressemitteilung vom 31. März 2025
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Die geflüchtete ukrainische Kommunikations­wissenschaft­lerin Prof. Dr. Lesia Horodenko erhält eine Zusatz­förderung in Höhe von knapp 220.000 Euro. Ihr Forschungs­vorhaben ist Teil des bestehenden DFG-Projekts „Verantwortliche Terrorismusbericht­erstattung“, das am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim angesiedelt ist und von Prof. Dr. Hartmut Wessler seit 2017 geleitet wird. Horodenko ist im Juli 2024 aus der Ukraine geflüchtet, davor arbeitete sie als Professorin für Kommunikations­wissenschaft an der Universität Kiew.

Die zentrale Frage ihres Forschungs­vorhabens ist, wie russische, weißrussische und ukrainische Medien den Begriff „Terrorismus“ strategisch nutzen und wie unter­schiedliche Narrative über Terrorismus die Öffentlichkeit beeinflussen können. Denn regierungs­nahe und oppositionelle Medien in den drei Ländern legen diesen Begriff unter­schiedlich aus und nutzen ihn zu eigenen Zwecken: In Russland wird beispielsweise das Vorgehen ukrainischer Truppen grundsätzlich als „Terrorakt“ bezeichnet. Oppositionelle russische Medien, insbesondere jene mit Sitz in Lettland oder Polen, vertreten dagegen eine differenziertere Sichtweise und gehen mit dem Begriff „Terror“ in Bezug auf die Ukraine sparsamer um.

„Wir unter­suchen, wie unter­schiedliche mediale Narrative über Terrorismus die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen und wie Menschen auf solche Bericht­erstattung reagieren“, erklärt die ukrainische Kommunikations­wissenschaft­lerin. Basierend auf den Ergebnissen ihrer Forschung will Horodenko Empfehlungen formulieren, wie Journalist*innen und Medien mit terroristischen Angriffen künftig umgehen sollen.

Wie sollen Medien über Anschläge berichten?
Tonalität, Faktencheck, Verwendung von Bildern und Videos: Diese Aspekte stehen auch im Fokus des Gesamt­projekts „Verantwortliche Terrorismusbericht­erstattung“ des Mannheimer Kommunikations­wissenschaft­lers Prof. Dr. Hartmut Wessler und seiner Kollegen. In der zweiten Phase des Projekts, die bis 2027 von der DFG gefördert wird, liegt der Schwerpunkt auf dem Zusammenwirken von Texten und Bildern. Wie sollen Medien über Anschläge berichten und welche Bilder dürfen sie dabei verwenden? Sollten Augenzeugenvideos von terroristischen Anschlägen in den Sozialen Medien verbreitet werden? Um diese Fragen zu beantworten, unter­suchen Wessler und Kollegen in experimentellen Studien, ob verantwortungs­bewusste Bericht­erstattung zu einer sachlicheren Wahrnehmung bei den Mediennutzer*innen führt.

„Ein positiver Effekt verantwortungs­bewusster Bericht­erstattung wäre beispielsweise, wenn Menschen eine realistische Gefahreneinschätzung vornehmen können, anstatt in Panik zu geraten“, erklärt Wessler. Zudem sei es wichtig, dass nicht ganze Bevölkerungs­gruppen für terroristische Taten einzelner verantwortlich gemacht werden.

In der ersten Phase des Projekts führte das Forschungs­team eine vergleich­ende Analyse der Terrorismusbericht­erstattung in unter­schiedlichen Ländern und Kulturkreisen durch. Im zweiten Teil des Projekts wird nun experimentell geprüft, ob die in der ersten Phase entwickelten Empfehlungen für die Medien die gewünschten Wirkungen erzielen.

Mehr Informationen zur zweiten Phase des Projekts „Verantwortliche Terrorismusbericht­erstattung“ sind auch hier zu finden.

Kontakt:
Prof. Dr. Lesia Horodenko (Interviews nur in englischer Sprache)
Akademische Mitarbeiterin
Institut für Medien- und Kommunikations­wissenschaft
Universität Mannheim
E-Mail: lesia.horodenkomail-uni-mannheim.de

Prof. Dr. Hartmut Wessler
Professor für Medien- und Kommunikations­wissenschaften
Universität Mannheim
E-Mail: wesslermail-uni-mannheim.de

Yvonne Kaul
Forschungs­kommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaulmail-uni-mannheim.de