Wenn die Kinderseele leidet

In der Psychologischen Ambulanz der Universität Mannheim werden Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen wie Aufmerksamkeits­defizit, Ess- oder Angststörungen behandelt.

Pressemitteilung vom 03. Juli 2017

Adam galt als Außen­seiter in seiner Kindergarten­gruppe. Er hatte wenig Kontakt zu anderen Jungs, weinte stundenlang nach seiner Mutter. Zu Hause wich der Fünfjährige seiner Mama nicht von der Seite. Er war stets dabei – beim Kochen, beim Duschen, beim Telefonieren, traute sich nicht, ohne sie das Zimmer zu verlassen. „In der Erziehungs­beratung hat man mir nahegelegt, Hilfe bei Psychotherapeuten zu suchen“, sagt seine alleinerziehende Mutter. Heute ist Adam ein lebens­froher Junge, der stundenlang mit seinen Freunden draußen kickt. „Ich bekomme Freudentränen, wenn ich durch das Fenster beobachte, wie ausgelassen mein Sohn mit anderen Kindern spielt und lacht“, sagt die 37-Jährige. 

Dazwischen liegen zwei Jahre und etwa 25 Therapiestunden in der Psychologischen Ambulanz des Otto-Selz-Instituts (OSI) an der Universität Mannheim. „Ohne professionelle Unterstützung hätte ich diese schwierige Zeit damals nicht durchgestanden“, gesteht die dreifache Mutter. Doch der Schritt war alles andere als einfach. Bis heute weiß nur ihre engste Familie, dass Adam in Psychotherapie ist. Auch sie musste anfangs Vorurteile ablegen: „Ich dachte, nur Psychokranke kommen hierher“.   

Adams Geschichte hat ein Happy End. Doch leider finden nicht alle Kinder rechtzeitig professionelle Hilfe.  Etwa 20 bis 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind laut Studien von psychischen Erkrankungen wie beispielsweise dem Aufmerksamkeits­defizitsyndrom, Angstzuständen oder Depressionen betroffen. Doch an Angeboten für psychologische Betreuung für unter-16-Jährige mangelt es. Die Wartezeit für einen Therapieplatz beträgt oft ein halbes Jahr oder länger.

 „Viele Familien mit Kindern in Mannheim und Umgebung haben einen großen Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe. Sie wissen aber nicht, dass wir das hier anbieten“, sagt Prof. Dr. Georg W. Alpers, Leiter des OSI.

In der Psychologischen Ambulanz sind Therapeutinnen beschäftigt, die Kinder mit behandlungs­bedürftigen Problemen betreuen. In Kooperation mit dem Zentrum für Psychologische Psychotherapie Mannheim werden hier zudem angehende Therapeuten ausgebildet. Auch die enge Verknüpfung von Praxis und Forschung zeichnet das Modell des OSI aus. Prof. Dr. Martina Zemp, neue Juniorprofessorin für Kinder und Jugendlichen-Psychotherapie, erforscht neue Therapieansätze, um die Erfolgs­chancen der Behandlungen zu verbessern. Ihr Arbeits­schwerpunkt sind familiäre Risikofaktoren: Sie untersucht insbesondere, wie sich Partnerschafts­konflikte auf  Kinder auswirken.

Der Schwerpunkt der Behandlung am OSI liegt auf der Kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei erarbeiten Therapeuten gemeinsam mit den Kindern Techniken, um mit den Belastungen besser umzugehen. Die Eltern werden dabei stets miteinbezogen. „Die gute Nachricht ist, dass psychische Erkrankungen in der Kindheit und im Jugendalter durch verhaltenstherapeutische Methoden sehr effektiv behandelt werden können“, sagt Dipl.-Psych. Sabine Filbert vom OSI.  Die Chancen stehen gut, dass auch andere kleine Patienten eine Aussicht auf ein Happy End wie Adam haben.

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