Schon bevor ich nach Mannheim gekommen bin, war mein Lebenslauf sehr international. Ich bin in Frankreich geboren, ging aber in Schweden zur Schule. Anschließend habe ich Business und Management an der Universität Exeter in England studiert. Als ich wieder in Paris war, begann ich, für ein Softwareunternehmen zu arbeiten. Aber nach einiger Zeit habe ich eine neue Hausforderung gebraucht. Ich wollte meinen Master in einem Land machen, in dem ich bisher noch nicht gewesen war. Daher bewarb ich mich für Masterprogramme in ganz Europa und einige der besten Universitäten für Management, wie zum Beispiel die Bocconi Universität in Italien, die ESSEC in Frankreich und die Universität Mannheim haben mich angenommen.
Ich machte meine Entscheidung von verschiedenen Rankings abhängig. Bei jedem dieser Rankings spielen natürlich unterschiedliche Kriterien eine Rolle, aber manche waren mir besonders wichtig: das Kursangebot, die Qualität von Lehre und Forschung, das Einstiegsgehalt nach Studienabschluss und ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern. Ich hatte auch eigene Kriterien, wie die Höhe der Studiengebühren und die Fahrtzeit zu meiner Freundin in Paris. Am Ende überzeugte mich der Mannheim Master in Management.
Ich fand es toll, dass ich in Mannheim alles zu Fuß erreichen konnte. Was die Universität angeht, hatte nicht damit gerechnet, dass ich als Student derart gefordert werden würde. Bis dahin hatte ich mich auf mein gutes Gedächtnis verlassen. Das hat aber in Mannheim nicht gereicht. Mir wurde schnell klar, dass ich Seite an Seite mit den schlauesten Studierenden in Deutschland studiere und mehr würde machen müssen. In Mannheim habe ich gelernt, hart zu arbeiten. Zum Glück haben mir aber ein paar großartige deutsche Kommiliton*innen dabei geholfen. Ich erinnere mich noch, dass jemand aus meinem Freund*innenkreis mich nach Düsseldorf zu seinen Eltern einlud. Dort haben wir eine Woche lang jeden Tag von morgens bis abends gemeinsam für eine Klausur gelernt.
Generell würde ich Mannheim nicht als übermäßig teure Stadt bezeichnen. Ich habe zum Beispiel eine tolle Wohnung gefunden für einen recht günstigen Preis. Das wäre in Paris nicht so einfach gewesen. Aber ich habe nie ganz verstanden, warum die Kinotickets hier so teuer sind.
Ich erinnere mich an zwei Situationen, in denen ich dachte: „Das ist so deutsch!“ Die erste war, als ich mit einem deutschen Freund zu Abend aß. Er entschuldigte sich, um zu telefonieren und meinte, er sei in acht Minuten zurück. Ich musste über die genaue Zeitangabe zunächst lachen, aber er war tatsächlich nach exakt acht Minuten wieder da. Die zweite Situation war, als ich eine Gruppe Studierende fragte, wo ich am besten eine gute Brezel in der Nähe kaufen könne. Anstatt mir direkt eine Antwort zu geben, diskutierten sie zuerst in der Gruppe, welchen Ort sie mir empfehlen sollten. Erst eine halbe Minute später kamen sie zurück und teilten mir ihr Ergebnis mit.
Jetzt, da ich ein klareres Bild von Deutschland habe, ist auch meine Beziehung zum Land eine viel Bessere. Außerdem bin ich sehr dankbar, dass ich in Deutschland so eine gute Bildung bekommen habe. Ich fühle mich der Universität Mannheim etwas verpflichtet.
Nein, eigentlich nicht. Mein Budget als Student war begrenzt und typisches Studentenessen wie Nudeln oder Kartoffeln schmecken in jedem Land gleich. Allerdings vermisse ich jetzt in Frankreich gute Brezeln. Die gibt es hier leider nicht.
Versucht, euch zu integrieren. Als Ausländer neigt man dazu, sich Freund*innen aus dem eigenen Land zu suchen. Hätte ich nur französische Freund*innen gehabt, hätte ich aber vieles verpasst. Ich habe meine Mannheimer Freund*innen zum Beispiel oft nach deutschen Liedern gefragt. Dadurch habe ich viel deutschsprachige Musik kennen gelernt und beispielsweise mit Liedern von „Die Ärzte“, „Sportfreunde Stiller“, „Sido“ oder „Die Fantastischen Vier“ die Sprache gelernt.
Text: Annika Freitag / August 2018